Interview mit Hassan Mfouapon Alassa aus Ellwangen über Widerstand und Polizeirepression
Nachdem Geflüchtete im baden-württembergischen Ellwangen erfolgreich eine Abschiebung verhinderten, stürmte wenige Tage später die Polizei die Unterkunft. Viel wurde seitdem über die Geflüchteten gesprochen – wenig mit ihnen. Wir haben deshalb Hassan Mfouapon Alassa, einen der Bewohner, zum Vorgehen der Polizei und zur Demo der Geflüchteten am Mittwoch interviewt.
Gestern seid ihr mit hunderten Geflüchteten durch Ellwangen gezogen. Warum habt ihr die Demo gemacht, und was war das für ein Gefühl?
Am Mittwoch haben wir demonstriert, um den Menschen von Ellwangen zu zeigen, wie afrikanische Menschen sind. Denn die Medien lügen über uns. Unsere Herzen sind voller Liebe, das war unsere Nachricht. Viele waren überrascht, aber sie haben unsere Botschaft ernst genommen. In den sozialen Netzwerken haben sie uns als schlechte, kriminelle Menschen beschrieben. Dass wir Probleme machen, Drogen verkaufen, klauen, Frauen begrapschen, weil wir schwarz sind. Wir haben ein anderes Gesicht gezeigt.
Außerdem haben wir die Möglichkeit genutzt, um mit der Presse zu sprechen und unsere eigene Version der Geschichte zu erzählen, was in Ellwangen passiert ist. Nach der Demonstration hatten wir das das Gefühl, dass wir ein neues Leben starten können. Denn als die Polizei weggegangen ist, waren wir sehr enttäuscht und auch wütend. Nach der Demo sind wir glücklich und fühlen uns kräftiger.
Was ist aus deiner Sicht in der Nacht passiert, als sie Yussif abschieben wollten?
Am Montag (30.4.) in der Nacht kam die Polizei in das Haus Nr. 95 in unserem Camp. Alle schliefen als die Polizei reinkam. Dann gab es viel Lärm. Dadurch sind die Menschen aufgestanden. Wir bekamen mit, dass Yussif geschrieen hat, dass er nicht nach Italien abgeschoben werden will, dass er nicht als Bettler auf Italiens Straßen enden will.
Und in der Tat haben wir reagiert, indem wir uns weigerten, unseren italienischen Bruder der Polizei zu überlassen, weil er selbst nicht dorthin gehen wollte, aus Angst, in Italien straffällig zu werden. Und wir ergriffen diese Gelegenheit auch, um unsere Unzufriedenheit mit der Situation der Abschiebung zum Ausdruck zu bringen, weil wir auch davon betroffen sind, zu wissen, dass wir nach Italien zurückkehren sollen.
Wir haben uns versammelt und die Polizei gefragt: Warum schiebt ihr ihn gegen seinen Willen ab? Es waren nicht nur Afrikaner, sondern verschiedene Nationalitäten. Als sie gesehen haben, dass wir sehr ernst waren, sind sie gegangen. Nach einer Stunde gaben sie den Schlüssel für die Handschellen der Security, bis dahin musste Yussif in Handschellen bleiben.
Wie hast du die Nacht erlebt, als die Polizisten eure Unterkunft stürmten?
Am Donnerstag (3.5) früh kamen sie zu uns. Aus Sicherheitsgründen sind alle unsere Türen immer offen und nicht abgeschlossen. Trotzdem nutzten sie Rammböcke. Sie legten alle Menschen in Handschellen und durchsuchten jedes Zimmer. Wir haben sie gefragt, was sie hier tun. Doch sie haben nur geantwortet, dass wir keine Fragen stellen sollen. Sie haben viele Menschen an diesem Tag geschlagen, einigen haben sie sogar die Knochen gebrochen. Manche haben Widerstand geleistet, heute sind sie im Gefängnis. Die Polizei wollte nur ihre Macht zeigen.
Die Behandlung war sehr schlecht und hat jeden traumatisiert. Die gesamte Woche haben wir uns sehr krank gefühlt. Wir hatten Angst, dass die Polizei wiederkommt um uns zu schlagen.
Warum bist du nach Deutschland geflohen?
Ich verließ mein Land 2014 mit meiner Frau und meinem ersten Sohn wegen Problemen der Nachfolge und Religion, und ich ließ mich für zwei Jahre in Algerien nieder, bevor ich nach Europa kommen wollte, um die Zukunft meiner Familie zu garantieren. Aber leider habe ich es dann auch getan. Ich habe eines meiner Kinder im Mittelmeer verloren und meine Frau ist derzeit in Italien wegen psychischer Probleme interniert.
Was möchtest du gegenüber der deutschen Gesellschaft sagen?
An die deutsche Gesellschaft möchte ich sagen: Wir haben unsere Länder wegen Problemen verlassen – wir sind nicht nach Deutschland gekommen, um Probleme zu machen. Und wir wollten Italien verlassen, um unser Leben zu verbessern. Wir sind gegen Dublin, denn mit Dublin kommt man nicht in Staaten, die nicht an der Grenze liegen. Viele Afrikaner waren in Schule, und wir wollen hier bleiben, um wirklich zu arbeiten und unseren Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.
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