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Freitag, April 19, 2024
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    Auf dem rechten Auge blind? Rechter Terror in Deutschland

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    Im Februar 2017, also vor etwas über zwei Jahren, erwischte man den Bundeswehroffizier Franco A. mit Waffen am Flughafen. Danach stellte sich heraus, dass er sich als syrischer Flüchtlinge ausgegeben hatte, vermutlich um einen Terroranschlag zu planen.

    Bei ihm fand man damals eine Todesliste, auf ihr standen sowohl PolitikerInnen als auch eine Menschenrechtsaktivistin. Von diesem Fall haben wir sicher alle gehört, doch warum hole ich das jetzt wieder ans Tageslicht? – Ein Kommentar von Tabea Karlo

    Da gibt es einige Gründe: beispielsweise wird kaum darüber gesprochen, was im Fall von Franco A. noch alles raus kam. Niemand spricht weder darüber, dass seine rechtsextreme Haltung in der Bundeswehr bekannt war und er nicht entlassen wurde, noch, dass es niemals eine Verurteilung gab. Reichen eine falsche Identität, Waffenschmuggel und eine geführte Todesliste nicht aus, um sicher zu sein, dass es ernsthafte Tötungsabsichten gab?
    Ebenso wird totgeschwiegen, dass sich ein weiterer Oberstleutnant des MAD (Militärischer Abschirmdienst) nun verantworten muss, da durch ihn die Ermittlungen maßgeblich behindert worden sein sollen. Er soll Personen aus dem Umfeld des Angeklagten, darunter auch Mitglieder des KSK (Kommando Spezialkräfte), über geplante Hausdurchsuchungen informiert haben. Im Zuge dieser Ermittlungen stieß man auf verschiedene Chat-Gruppen, in denen sich „Prepper“ organisierten – unter ihnen weitere Bundeswehrsoldaten und Mitglieder des Vereins „Uniter e.V“. Die Personen innerhalb dieser Gruppen sollen sich laut Focus auf einen sogenannten „Tag X“ vorbereitet haben, auch sie sollen Todeslisten geführt haben. Zeugen sagten aus, dass es dazu Treffen gegeben habe, ebenso wären geheime Treibstofflager und Waffendepots angelegt worden.

    Was sind Prepper?

    Prepper kommt vom englischen Ausdruck „to be prepared“ (dt. „bereit sein“) und bezeichnet Leute, die sich auf eine Katastrophe jeglicher Art vorbereiten, indem sie Nahrungsmittel, Schutzkleidung, Werkzeuge, aber eben auch Waffen einlagern. Teilweise werden auch Schutzbauten wie Bunker errichtet. Besonders innerhalb rechter Kreise und der „Reichsbürgerszene“ werden Mitglieder häufig dazu aufgerufen, sich diesen Gruppierungen anzuschließen.

    Nach all diesen Skandalen wurde eine Erhebung über Rechtsextremismus in der Bundeswehr geplant. Sie sollte vom Kriminologen Christian Pfeiffer durchgeführt werden. Nachdem dieser sich allerdings in Zeitungen kritisch geäußert hatte und Vermutungen über Orgien innerhalb der Kasernen fallen ließ, fühlten sich die Truppen vorverurteilt, und das Projekt wurde abgebrochen.

    Erneut rechtes Waffenlager aufgeflogen

    Eine Frage, die man sich nun stellen könnte, ist, warum das Projekt ganz abgebrochen und nicht ein anderer Kriminologe engagiert wird? Warum sind die verletzten Gefühle einiger Soldaten wichtiger als sicherzustellen, dass es innerhalb der Bundeswehr nicht noch mehr Menschen wie Franco A. gibt?

    Die Bundeswehr ist jedoch nicht das einzige Sorgenkind, wenn es um die Entwicklung rechter Netzwerke geht. Auch die Polizei sorgte innerhalb der letzten Monate immer wieder für Schlagzeilen mit rechten Äußerungen. Sowohl Bundeswehr als auch Polizei unterstehen direkt dem Staat, die Angestellten dort sind verbeamtet. Eine direkte Verbindung von staatlichen Institutionen und faschistischer Bewegung zeigt sich hier ganz offen.

    Seit Monaten werden klare Äußerungen zu diesen Vorfällen vermieden und Gegenmaßnahmen halbherzig oder gar nicht durchgeführt. Die Politik scheint nicht nur auf dem rechten Auge blind zu sein, sie verhindert jegliche Aufklärung. Der Ruf nach Konsequenzen wird überhört, und man versuchte, so viele Skandale wie möglich zu vertuschen oder herunterzuspielen. Dafür müssen wir uns jetzt mit den neuen Polizeigesetzen, die uns angeblich mehr Sicherheit bringen sollen, herumschlagen. Polizeigesetze, die genau den Strukturen noch mehr Macht geben, die grade im Verdacht stehen, ihre rechten Mitglieder nicht zu verfolgen. Rechter Terror mit seinen Anhängern in den staatlichen Behörden und Strukturen muss endlich als das benannt werden, was er ist: Terrorismus! Und nur eine Bewegung auf der Straße kann hier etwas entgegensetzen, denn der Staat, der auf dem rechten Auge blind ist, wird es sicher nicht tun.

    • Perspektive-Autorin seit 2017. Berichtet schwerpunktmäßig über den Frauenkampf und soziale Fragen. Politisiert über antifaschistische Proteste, heute vor allem in der klassenkämperischen Stadtteilarbeit aktiv. Studiert im Ruhrpott.

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