Schon im Januar meldete das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden, dass 2018 erstmalig mehr Menschen von westdeutschen Bundesländern in ostdeutsche Bundesländer gezogen sind als andersherum. – Ein Kommentar von Paul Gerber
Die Meldung kann leicht als späte Erfolgsmeldung für die deutsche „Wiedervereinigung“ fehlinterpretiert werden. Fakt ist aber: Die unterm Strich 4.000 Zuzüge aus dem Westen sind für die Bundesländer im Osten nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Rechnet man Zu- und Wegzüge seit dem Mauerfall gegeneinander auf, kommt man auf eine Negativbilanz von mindestens 1,2 Millionen Menschen – für den Osten. Das ist auch heute noch in vielen Städten und Landstrichen mehr als spürbar.
Ohnehin ist selbst die für 2018 gemeldete Zahl mit viel Vorsicht zu genießen. EinwohnerInnen gewonnen haben nämlich am stärksten Potsdam und Leipzig – in Städten mit geringerer wirtschaftlicher Dynamik setzt sich der Exodus in den Westen weiter fort. Er wird nur gehemmt, wie die ZEIT in einem längeren Artikel zum Thema kürzlich feststellte, „weil in manchen Regionen kaum noch wanderungswillige Menschen da sind, die gehen könnten.“
Keine Abwanderung, weil keiner mehr da ist. Klingt ermutigend, oder? In der Realität sind die damaligen Versprechen von blühenden Landschaften in krasser und offensichtlicher Weise gebrochen worden.
Bis heute gilt: Allein die großen westdeutschen Konzerne haben vom Mauerfall und der Einverleibung der DDR in die BRD profitiert. Die Arbeiterinnen und Arbeiter im Osten sind vor allen Dingen eins: Billige Arbeitskräfte und ein zusätzlicher Absatzmarkt für die (west-)deutsche Industrie.