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Dienstag, März 19, 2024
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    Solidarität muss praktisch werden

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    Solidarität – ein Wort, das jede/r gern für sich beansprucht. Viele wünschen sich Unterstützung und Hilfe, wenn sie alleine nicht weiterkommen. Doch was heißt überhaupt Solidarität? Und wie könnte es eigentlich aussehen, selbst solidarisch zu handeln? – Ein Kommentar von Tim Losowski

    Solidarität heißt menschlich sein

    Die Solidarität fängt im Kleinen an: Wenn ich mein Butterbrot mit meinem Arbeitskollegen teile, der seines vergessen hat. Wenn ich einen älteren Mann am Straßenrand keuchen höre und ihm meinen Arm anbiete. Wenn ich eine Frau weinend draußen sitzen sehe und frage, ob sie Unterstützung braucht. Wenn ich die Pakete für meinen Nachbarn annehme.

    Das ist die alltägliche zwischenmenschliche Solidarität, die jede/r von uns leisten kann, für die man nur ein wenig die Augen aufmachen muss. Die Solidarität, die wir aus Liebe zu unseren Mitmenschen leisten, ohne eine Gegenleistung zu erwarten.

    Solidarität heißt zusammen stehen

    Doch die Solidarität kann noch einen Schritt weiter gehen. Nämlich dann, wenn sie von der individuellen Solidarität zur gemeinsamen Solidarität wird:

    Wenn eine Kollegin ständig schikaniert wird, organisieren wir zusammen unsere ganze Abteilung, um zum Chef zu gehen und ihm unsere Meinung zu sagen.

    Wenn ein Nachbar zwangsgeräumt werden soll – dann stehen wir NachbarInnen am Tag der Räumung um 5 Uhr auf der Matte. So wie in Bremen: Dort mussten am 11. Februar Gerichtsvollzieher und Polizei wieder abziehen.

    Wenn der nette neue afghanische Nachbar auf einmal von der Polizei abgeholt wird, um ihn in ein Flugzeug in den Krieg abzuschieben, protestieren wir. So wie in Nürnberg. Dort demonstrierten am 19. März 600 Menschen nach einer versuchten Abschiebung.

    Wenn wir nicht nur alleine menschlich sind und die Augen aufmachen, sondern das auch noch zusammen mit anderen KollegInnen machen – dann wird Solidarität zur kollektiven Solidarität, die klar ausspricht: Wer eine/n angreift, greift uns alle an.

    Solidarität ist international

    Doch wir können sogar noch einen Schritt weiter gehen. Wieso sollte unsere Solidarität an Grenzen halt machen? Wieso sollte sie nicht zu einer internationalen Solidarität werden?
    Denn leider verüben deutsche Konzerne, Politiker und Militärs in vielen Teilen der Welt Verbrechen. Wieso nicht protestieren, wenn im Mittelmeer tausende Menschen sterben? Weshalb nicht streiken, dort, wo Bomben produziert werden, die dann auf kurdische oder afghanische Städte fallen? Warum sich nicht solidarisch zeigen und klarmachen:
    Nicht in unserem Namen!

    Solidarität muss praktisch werden

    Die Solidarität ist das, was uns zu einem wirklich sozialen Wesen macht. Zu einem Menschen, der nicht gegen die anderen, sondern mit den anderen lebt. Doch die Solidarität ist nicht nur eine moralische Pflicht und seelische Nahrung, sondern auch eine Notwendigkeit für jeden von uns.

    Kennt nicht jede/r das Gefühl der Ohnmacht? Bei dem man sich einer/m scheinbar unbesiegbaren GegnerIn ausgesetzt sieht? Das kann der Vermieter, die Chefin oder sogar die Staatsgewalt sein, welche die Interessen der Eigentümer durchsetzt. Sie alle haben Macht, die Macht des Geldes. Was haben wir ArbeiterInnen, die keine Fabriken und Häuser besitzen?

    Wir haben uns, wir haben die immense Zahl von anderen KollegInnen auf unserer Seite, die oftmals ganz ähnliche Probleme haben. Was diese Millionen Menschen zusammenbringen kann, ist die Solidarität. Die zwischenmenschliche, die kollektive und die internationale Solidarität. Wenn wir sie nicht nur auf diesem Papier lassen, sondern in die Realität umsetzen, dann können wir vieles erreichen, was uns heute noch unvorstellbar scheint.

    • Perspektive-Autor und -Redakteur seit 2017. Schwerpunkte sind Geostrategie, Rechter Terror und Mieter:innenkämpfe. Motto: "Einzeln und Frei wie ein Baum und gleichzeitig Geschwisterlich wie ein Wald."

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