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Freitag, April 19, 2024
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    Präzedenzfall: Presse wird in Seattle zum Polizeifotografen

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    Im Zuge der BlackLivesMatter-Proteste verlangt die Polizei in den USA von mehreren Medien unveröffentlichte Fotos der Demonstrationen und Proteste vom 30. Mai. Dies könnte sich zu einem Präzedenzfall entwickeln, der die Pressefreiheit stark einschränken und dafür sorgen könnte, dass die Presse in Zukunft nur noch ein ungebetener Gast auf Demonstrationen ist.

    Am 30. Mai demonstrierten tausende Menschen auf den Straßen Seattles. Während dieser Proteste wurden unter anderem Polizeiwagen beschädigt. Nun fordert die Polizei von mehreren Medien der Stadt, bislang unveröffentlichte Foto- und Videoaufnahmen für die Strafverfolgung bereit zu stellen. Die Fernsehsender KING 5, KOMO, KIRO, KCPQ und die Zeitung The Seattle Times wehrten sich dagegen und sind nun vor Gericht gescheitert.

    Das zuständige Gericht in Seattle entschied, dass die Nutzung des Materials auf schwere Fälle wie Brandstiftung von Polizeiautos und den Diebstahl von Dienstwaffen beschränkt wird, trotzdem müssen die Aufnahmen heraus gegeben werden. Madeline Lamo vom „Reporters Committee for Freedom of the Press“ nennt das gegenüber poynter.org einen „gefährlichen Präzedenzfall“. Dieses Urteil sorge dafür, dass die Presse zum verlängerten Arm des Staats wird. Das könne dazu führen, dass die Medien in Zukunft auf Protesten nicht mehr willkommen seien.

    Im Regelfall wird die Arbeit von JournalistInnen im Bundesstaat Washington durch das „Reporter Shield Law“ geregelt. In diesem Gesetz ist der Schutz von Quellen und unveröffentlichtem Rohmaterial vorgesehen. Die National Press PhotographersAssociation und der Press Freedom Defense Fund veröffentlichten im Bezug zum Fall ein gemeinsames Statement:

    „Dieses Urteil stellt die freie Presse unnötigerweise gegen die Öffentlichkeit, für die sie berichtet, und zwingt sie – gegen ihren Willen – dazu, der Regierung zu helfen, der sie durch ihre Berichterstattung Rechenschaft ablegen muss.“

    Die vom Urteil betroffenen Medien überlegen nun, mit weiteren rechtlichen Schritten gegen das Urteil vorzugehen.

    Ähnliches passierte 2013 auch in Deutschland

    Was gerade in Seattle geschieht, ist kein Sonder- oder Einzelfall. Einen ähnlichen Fall hat es 2013 auch in Deutschland gegeben. Zuvor hatten Proteste in Frankfurt stattgefunden, bei denen ein Polizist verletzt wurde.

    Anders als in Seattle forderte die Polizei jedoch nicht die Herausgabe von Fotos und wartete anschließend auf einen Gerichtsbeschluss, sondern sie durchsuchten in fünf Bundesländern die Wohnungen mehrerer Pressefotografen und beschlagnahmten die Aufnahmen ungefragt. In Folge dessen erklärte sie teilweise hauptberufliche Fotojournalisten zu Anhängern der linken Szene, um die Pressefreiheit aushebeln zu können und die Beschlagnahmung der Aufnahmen nachträglich zu legalisieren.

    Die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), Cornelia Haß, hat damals kritisiert, dass die PressevertreterInnen durch brachiale Methoden gezwungen wurden, Hilfspolizei zu spielen. Die Durchsuchungen verstießen gegen die Pressefreiheit und seien vollkommen inakzeptabel.

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