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Freitag, April 19, 2024
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    Nach massiver Polizeigewalt: französische Regierung will Verbreitung von Polizist:innen-Fotos unter Strafe stellen

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    Die französische Polizei steht seit langem in der Kritik für ihr gewalttätiges Vorgehen. Nun will die Regierung sich schützend vor ihre Einsatzkräfte stellen. Dafür soll das Teilen von Bildern, auf denen Polizist:innen zu sehen sind, unter Strafe gestellt werden. Dagegen sind nun in ganz Frankreich Tausende auf die Straße gegangen.

    Viele tausend Demonstrant:innen haben sich am Samstag auf den Straßen von Paris versammelt, um gegen ein neues Gesetz zu protestieren, das die Verbreitung von Fotos, die Polizist:innen zeigen, unter Strafe stellen soll.

    Demonstrant:innen versammelten sich auf der “Esplanade der Menschenrechte”, dem Vorplatz des Trocadéro, und sangen “Freiheit!”. Viele hielten dabei Plakate hoch, auf denen zu lesen war: “Nein zum Polizeistaat”.

    Das „Sicherheitsgesetz“, das am Dienstag von französischen Abgeordneten diskutiert wurde, hat es in sich: Demnach soll das Teilen von Fotos mit abgebildeten Polizist:innen strafbar sein, sofern ihre Gesichter nicht unkenntlich gemacht wurden. Dies gilt sowohl für Bürger:innen als auch für Journalist:innen. Dementsprechend waren auch viele Reporter:innen bei den Protesten vor Ort. Sie fürchten, dass ihre Arbeit auf Demonstrationen grundsätzlich eingeschränkt werden könnte.

    Darüber hinaus kann die Veröffentlichung von Bildern in sozialen Medien mit der Absicht, die “physische oder psychische Integrität” einer/s diensthabenden Beamt:in zu untergraben, mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder einer Geldstrafe von bis zu 45.000 Euro bestraft werden.

    Am Freitag wurde das Gesetz in erster Lesung verabschiedet, in dieser Woche soll die zweite Lesung folgen.

    Massive Kritik

    Die im Oktober von der rechts-konservativen Regierung von Präsident Emmanuel Macron vorgelegte Rechtsreform löste Proteste in Städten ganz Frankreichs aus, darunter Paris, Lyon, Bordeaux und Marseille.

    Sie wurde auch von Menschenrechtsorganisationen und Journalist:innen kritisiert, die den Gesetzentwurf als Mittel ansehen, um die Pressefreiheit zu beeinträchtigen und eine Kontrolle möglicher Machtmissbräuche durch die Polizei zu untergraben. Sie argumentieren auch, dass der Wortlaut des Gesetzentwurfs zu vage sei.

    “Wenn ein solches Gesetz in seiner jetzigen Form in Kraft treten würde, würde es eine schwerwiegende Verletzung des Rechts auf Information, auf Achtung des Privatlebens und auf die Freiheit der friedlichen Versammlung darstellen, drei Bedingungen, die dennoch für das Recht auf Freiheit wesentlich sind”, kritisiert “Amnesty France in einer Erklärung auf seiner Website vor der parlamentarischen Debatte.

    Die Maßnahme, die eine Änderung der bestehenden Rechtsvorschriften darstellt, wurde mit einem ähnlichen Gesetz verglichen, das in Spanien bereits seit 2015 in Kraft ist.

    Das französische Parlament lehnte einen ähnlichen Vorschlag Anfang dieses Jahres ab. Der französische Innenminister Gérald Darmanin erwiderte jedoch, Artikel 24 sei notwendig, um “diejenigen zu schützen, die uns schützen”, nachdem berichtet wurde, dass Polizist:innen zunehmend gezielt bedroht würden.

    Bedrohungen von Polizist:innen?

    Tatsächlich gibt es in Teilen Frankreichs immer wieder harte Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und verschiedenen Gruppen der Bevölkerung.

    Im vergangenen Monat wurde eine Polizeistation in Champigny-sur-Marne in den südöstlichen Vororten von Paris mit Feuerwerkskörpern beschossen und anschließend mit Metallstangen gestürmt.

    Der Bürgermeister von Champigny-sur-Marne, Laurent Jeanne, erklärte der Nachrichtenagentur AFP, bei dem Angriff habe es sich möglicherweiser um eine Vergeltungsaktion für einen angeblich von Polizisten verursachten Motrorroller-Unfall gehandelt.

    Zudem kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit Anhänger:innen der Gelbwesten-Bewegung. Hier haben bereits über 20 Menschen ihr Augenlicht durch Polizeigewalt verloren.

    Seitdem wird genau hingeschaut, wenn die Polizei auftritt, auch nachdem eine Reihe von rassistischen Vorfällen auf Video festgehalten und auf Social-Media-Plattformen geteilt wurden. Ein solcher Vorfall war im Januar z.B. der Tod des Pariser Zustellfahrers Cédric Chouviat, eines 42-jährigen Vaters von fünf Kindern.

    In Szenen, die an den Tod von George Floyd in Polizeigewahrsam in den USA erinnern, der ein Brandbeschleuniger für weltweite Proteste unter dem Motto “Black Lives Matter” war, hörte man Chouviat sagen: “Ich ersticke”, als ihn sieben Polizisten festhielten. Das Filmmaterial ging viral. Im Juli dann wurden drei Beamte im Zusammenhang mit seinem Tod wegen Totschlags angeklagt.

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