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Montag, Oktober 14, 2024
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    Die Zeichen stehen auf Streik! – Oder nicht?

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    Die seit Anfang des Jahres laufenden Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie haben in den ersten drei Verhandlungsrunden zwischen der Gewerkschaft IG Metall und dem Kapitalverband Gesamtmetall in den Bundesländern bisher keine Einigung gebracht. Dass die IG Metall eine große Streikwelle organisiert, ist dennoch mehr als zweifelhaft. – Ein Kommentar von Kevin Hoffmann

    Am 1. März läuft die Friedenspflicht in den Tarifverhandlungen der Metall- und Elektroindustrie aus. Und obwohl die IG Metall Arbeitskämpfe möglichst komplett verhindern und in den Verhandlungsrunden vor dem Ende der Friedenspflicht bereits zu einem Tarifabschluss kommen wollte, werden diese nun vorbereitet. In vielen Bundesländern liegt jedoch bis heute kein einziges Angebot der Kapitalverbände vor.

    Nachdem die Industriegewerkschaft IG Metall bereits Anfang des Jahres 2020 ohne Neuverhandlungen oder Arbeitskampfmaßnahmen die auslaufenden Tarifverträge um ein Jahr verlängert hatte und damit den fast vier Millionen Arbeiter:innen in der Metall- und Elektroindustrie eine doppelte Nullrunde und damit faktisch Lohnsenkungen verordnete, deuten die jetzigen Verhandlungen eine Wiederholung dieses Trauerspiels an. Zudem scheinen beide Seiten bereit zu sein, den Flächentarifvertrag massiv aufzuweichen und zahlreiche Sondervereinbarungen und Ausnahmen für einzelne Firmen akzeptieren zu wollen.

    Die Arbeiter:innen sollen die Krise bezahlen

    Für den Unternehmensverband Gesamtmetall ist klar: wenn es nach ihm ginge, sollen die Arbeiter:innen die Kosten der seit 2019 anhaltenden Wirtschaftskrise alleine bezahlen. Lohnerhöhungen soll es frühestens 2022 geben – und auch dann nur, wenn die Wirtschaft bis dahin das Vor-Krisenniveau wieder erreicht hat.

    Selbst wenn die IG Metall einen Großteil ihrer Forderungen durchsetzen könnte, würden die Arbeiter:innen in der Metall- und Elektroindustrie bitter für diese Krise bezahlen, da die Forderungen bereits harte Angriffe und Einschnitte mit einberechnet haben. Sie sind im Endeffekt auf Beschäftigungssicherung durch Lohnverzicht ausgerichtet. Dass Lohnverzicht noch keinen einzigen Arbeitsplatz auf Dauer gerettet hat, scheint hier bewusst verdrängt zu werden.

    Alle (paar) Jahre wieder

    Ein Ergebnis der Tarifrunde scheint schon jetzt fest zu stehen: Es ist das selbe wie in der Tarifrunde 2018. Wie allzu oft schon, haben sich die Gewerkschaften (hier konkret die IG Metall) als zahnlose Papiertiger gezeigt. Dabei geht es nicht darum, dass sie keine Mittel zum Kampf hätten, sondern, dass sie diese nicht einsetzen wollen und sich durch die ständig bemühte Sozialpartnerschaft letztlich den Interessen des Kapitals beugen.

    Nach einer Woche durchgängigen Streiks, zum Beispiel, hätten die Arbeiter:innen doch weitaus bessere Verhandlungsmöglichkeiten – wenn denn die Gewerkschaften nicht schon nach einem einzigen Warnstreik von ihren ohnehin viel zu niedrigen Forderungen weit abrücken würden.

    Auch 2021 werden wir wohl erneut so ein trauriges Schauspiel erleben müssen. Für die Zukunft steht der Aufbau wirklich klassenkämpferischer Organisationen und Gewerkschaften dringend auf der Tagesordnung, damit wir Arbeiter:innen unsere Interessen gegen die des Kapitals verteidigen und durchsetzen können.

    • Autor bei Perspektive seit 2017 und Teil der Print-Redaktion. Freier Autor u.a. bei „Junge Welt“ und „Neues Deutschland“

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