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Sonntag, April 28, 2024
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    Spitzenposten ab 7.123 Euro Grundgehalt: Bundesregierung organisiert kurz vor Regierungswechsel massenhaft Beförderungen

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    Ein Regierungswechsel wird in Deutschland immer wahrscheinlicher. Aus diesem Grund finden derzeit in den Ministerien der abgewählten Bundesregierung massenhaft Beförderungen statt. Fast 200 Beamt:innen sollen in den letzten Wochen in Stellen ab 7.123 Euro Grundgehalt befördert worden sein. Doch es geht nicht nur um plumpe Selbstbereicherung.

    Innerhalb den Ministerien der Bundesregierung findet eine Beförderungswelle statt, wie der Business Insider berichtet.

    Allein das Verteidigungsministerium von Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat seit April diesen Jahres 117 Stellen mit einer B-Besoldung (ab 7.123 Euro Grundgehalt) bei der Bundeswehr neu besetzt oder will diese in den nächsten Wochen noch tun. Dass es dabei um „Last-Minute-Beförderungen“ geht, zeigt eine Personalie beispielhaft: So war die Stelle des stellvertretenden Leiters der Personal-Abteilung seit 2018 offen – und konnte nun plötzlich doch noch bis Ende September besetzt werden.

    Auch aus anderen Ministerien werden ähnliche Vorgänge gemeldet, wenn auch nicht ganz so umfangreich. Insgesamt wurden allein in den Ressorts Innen, Wirtschaft, Finanzen, Arbeit, Verteidigung und Justiz sowie im Kanzleramt in den letzten Wochen bis jetzt fast 200 Beamte in Top-Jobs der B-Besoldung befördert.

    Fortsetzung der „Operation Abendsonne“

    Bereits im September haben wir über die „Operation Abendsonde“ berichtet. Damals wurde bekannt, dass seit Januar 129 Beamt:innen der Regierung, die mit mindestens A15 besoldet waren (also mindestens 5.670 Euro/Monat) eine Beförderung erhalten hatten. Im Vorjahreszeitraum gab es weniger als die Hälfte solcher Beförderungen.

    Zu den Beförderungen wurden noch 71 neue Stellen geschaffen, die bei einem Monatsgehalt von 8.762 Euro beginnen und bis 10.412 Euro reichen. Das sind doppelt so viele neue Stellen wie in den beiden vorherigen Jahren.

    Trotz medialer Berichterstattung scheint die Massen-Beförderungs-Aktion weiterzugehen.

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    Kanzleramtschef mahnt – und befördert selbst

    Das geht selbst dem Bundeskanzleramtschef Helge Braun (CDU) offiziell zu weit. Er sprach laut Tagesschau.de eine interne Mahnung aus.

    Dabei hatte der Business Insider darüber berichtet, dass auch das Kanzleramt selbst an der „Operation Abendsonne“ beteiligt ist. Nur sechs Tage vor Beginn eines Beförderungsstopps am 26. Oktober  will das Kanzleramt selbst nochmal eine lukrative Beförderung aussprechen. Nach Informationen von Business Insider wurde die Leiterin des Parlaments- und Kabinettsreferats demnach erst vor kurzem auf einen B6-Posten versetzt. Ihrer offiziellen Ernennung soll das Kabinett nun auf seiner letzten Sitzung am 20. Oktober zustimmen – neben 18 weiteren Spitzenbeförderungen.

    Worum geht’s?

    Bei der Beförderungswelle geht es  nicht nur um plumpe Selbstbedienung – obgleich die zusätzlichen Euros die Beamt:innen freuen dürften. Tatsächlich kann sich insbesondere die CDU damit auch Macht sichern, obwohl sie wahrscheinlich nicht mehr offiziell an einer neuen Regierung beteiligt ist.

    Indem sie loyale Beamte höher positioniert, kann sie auch in Zukunft massiven Einfluss ausüben. Denn in Deutschland ist der „Mittelbau“ knapp unter den Minister:innen – auch „Ministerialbürokratie“ genannt – besonders entscheidend dafür, wie die Politik gestaltet wird. Dort sitzen diejenigen, die beispielsweise Gesetzesentwürfe im Detail ausarbeiten.

    Selbst die staatsnahe Bundeszentrale für Politische Bildung (BpB) schreibt hierzu: „Heute fallen die politischen Entscheidungen vielfach schon in den Ministerien, wenn z. B. den parlamentarischen Entscheidungsträgern nicht eine ganze Palette gesellschaftlicher Informationen und alternativer Gesetzestexte, sondern nur ein in sich geschlossenes Legislativprogramm zugeleitet wird. Die Ministerialbürokraten entlasten auf diese Weise den überforderten parlamentarischen Entscheidungsprozess, gefährden aber auch dessen demokratischen Grundprinzipien der Öffentlichkeit und Verantwortlichkeit.“

    Bei der Ministerialbürokratie setzen deshalb auch besonders oft Lobbyisten an – es findet ein reger, auch personeller, Austausch zwischen Wirtschaft und Politik statt. „Zwischen einzelnen Fachverwaltungseinheiten und ihrer Verbandsklientel bestehen symbiotische Beziehungen in Bezug auf wechselseitige Informationsbeschaffung, gemeinsame Interessen an der Erhöhung des politischen Gewichts ihres Bereiches und selbst den Austausch des Personals“, heißt es bei der BpB.

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