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Zeitung für Solidarität und Widerstand

Initiative „Freiheitsfonds“ holt Schwarzfahrer:innen aus dem Gefängnis

Die Verkehrsbetriebe versuchen in ihren Fahrzeugen immer wieder darauf aufmerksam zu machen, dass das Fahren ohne Fahrschein („Schwarzfahren“) ein Bußgeld nach sich zieht. Viele Menschen müssen deswegen ins Gefängnis. Die Initiative „Freiheitsfonds“ versucht diese nun freizukaufen.

Viele von uns haben schon ohne ein Ticket die öffentlichen Verkehrsbetriebe (ÖPNV) genutzt. Hierbei ist es egal, ob es eine Straßenbahn, Bus oder Zug war. Manchmal vergisst man sein Ticket, manchmal funktioniert der Automat nicht, manchmal stimmt das passende Kleingeld nicht oder man hat eben nicht genug Geld, um ständig Fahrtgeld zu zahlen.

In Deutschland ist das „Schwarzfahren“ eine Straftat – und somit keine Ordnungswidrigkeit. Der Straftatbestand ist unter §265a im Strafgesetzbuch (StGB) festgehalten. Der Paragraf wurde im Faschismus, am 28. Juni 1935, eingeführt und gilt bis heute.

Durch die Wirkung des Paragrafen als Straftat wurden im Jahr 2018 in Deutschland 230.000 Menschen angezeigt. 7.000 von Ihnen mussten dafür ins Gefängnis. Die derzeitige Inflation und die damit verbundenen Teuerungen werden diese Zahlen steigen lassen. Schon fast jährlich erhöhen die verschiedenen Verkehrsbetriebe ihre Ticketpreise. Demzufolge ist es nicht verwunderlich, dass 87% der Menschen, die ohne Fahrschein fahren, erwerbslos sind.

Freiheitsfond schließt Menschen zusammen – statt ein

Seit dem 3. Dezember 2021 existiert nun das Projekt „Freiheitsfonds – Raus aus der JVA“. Das Projekt wurde initiiert von dem Journalisten, Arne Semsrott. Ziel ist es, durch Spendengelder Menschen freizukaufen, die aufgrund des Fahren ohne Fahrscheins in Haft sitzen.

Der erste Erfolg ist diesem Projekt jetzt schon sicher: Schon 21 Menschen konnten mit 23.000€ Spendengeldern aus der Haft entlassen werden. „Es geht darum, politisch Druck zu machen, dass niemand mehr hinter Gittern landet. Das Fahren ohne Fahrschein muss endlich entkriminalisiert werden.“, so beschreibt der Journalist sein Projekt gegenüber der taz-Zeitung.

Die Aktion zeigt deutlich die Sinnlosigkeit wirtschaftlicher Strafverfolgungen gegenüber der Arbeiter:innenklasse. Doch darf es hierbei nicht nur bei der Umwandlung des Strafbestands in eine Ordnungswidrigkeit gehen. Der gesamte Nahverkehr muss „kostenlos, gut ausgebaut & zuverlässig“ werden. „Zuverlässigen, kostenlosen und barrierefreien Nahverkehr bekommen wir nicht geschenkt – wir müssen ihn uns erkämpfen! Dafür sollten wir uns mit so viel Menschen wie möglich zusammenschließen und aktiv werden“, kommentiert Martin Trunde vom „Solidaritätsnetzwerk Leipzig“.

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