Der junge Kommunist Philipp Müller wurde vor 70 Jahren als erstes politisches Opfer der neuen BRD von der Polizei erschossen, weil er sich gegen die Wiederbewaffnung einsetzte. Angesichts der umfassenden Aufrüstung und den bestehenden Großmachtansprüchen des deutschen Kapitals ist es unsere Aufgabe, seinen Kampf fortzuführen. – Ein Kommentar von Ivan Barker
Diesen Mai jährt sich der erste politische Mord der Bundesrepublik Deutschland zum 70. Mal. Am 11. Mai 1952 wurde der junge Arbeiter und Kommunist Philipp Müller auf einer Demonstration gegen die Wiederbewaffnung der BRD in Essen von der Polizei erschossen. Geboren 1931 in München, wurde er 1948 Teil der Freien Deutschen Jugend und zwei Jahre später der Kommunistischen Partei Deutschlands. Philipp Müller war Teil der Massenbewegung gegen den erneuten Aufbau einer deutschen Armee, die militärische Bindung an die NATO und den Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft.
Nach dem Ende des 2. Weltkriegs und der Befreiung vom deutschen Faschismus beschlossen die Alliierten zwar die vollständige Entmilitarisierung des ehemaligen Deutschen Reiches, doch es dauerte nicht lang, bis die ersten bürgerlichen Politiker:innen wieder nach einem deutschen Militär verlangten. Der erste Bundeskanzler der BRD, Konrad Adenauer, schuf 1950 mit dem sogenannten „Amt Blank“ den Vorgänger des Verteidigungsministeriums und widersetzte sich damit der von den Besatzungsmächten eigentlich beschlossenen langfristigen Entmilitarisierung Deutschlands. Angesichts des neuen und alten Feindes der Westalliierten, der Sowjetunion, stoppten die USA, Frankreich und England diese Bestrebungen jedoch nicht, sondern förderten sie aktiv. Dazu gehörte auch die Ehrenerklärung für die Soldaten der Wehrmacht durch Eisenhower, den damaligen Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte, welche die Wiedereingliederung von ehemaligen Wehrmachtssoldaten ermöglichte. Solch eine Ehrenerklärung, die eine öffentliche Rehabilitation darstellt, gab Konrad Adenauer 1952 ebenfalls für die Soldaten der Wehrmacht und zusätzlich selbst für die Angehörigen der Waffen-SS ab. Bei der folgenden Gründung der Bundeswehr im Jahr 1955 stammten fast alle Offiziere und Unteroffiziere aus der Wehrmacht und Waffen-SS.
Heute mögen viele der damaligen Kriegsverbrecher tot sein; die Bundeswehr bleibt jedoch ein Sammelbecken für Faschist:innen und ihre rechten Terrornetzwerke. Ebenso stehen wir durch die Aufrüstungspläne der Regierung vor einer neuen Qualität des deutschen Militarismus: Mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts jedes Jahr und 100 Milliarden Sondervermögen für die Rüstung, welches unter anderem die Beschaffung von 140 bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr finanziert. Dazu kommt die Diskussion über die Wiedereinführung der Wehrpflicht und riesige Truppenübungen der Bundeswehr in Thüringen, die einen Kriegseintritt der NATO in der Ukraine proben.
Wir als Arbeiter:innenklasse müssen den Vertreter:innen der deutschen Großmachtansprüche dabei eine klare Absage erteilen. Die Kriegshetzer:innen in den bürgerlichen Medien, Politiker:innen und Militärs vertreten nicht unsere Interessen, sondern sie wollen uns im Krieg für die Profite der Kapitalist:innen verheizen. Wir stehen dabei heute an einer ähnlichen Stelle, an der Philipp Müller vor 70 Jahren stand, und stellen uns wie er im Herzen der Bestie gegen sie, gegen den deutschen Imperialismus.
Um Philipp Müller zu gedenken und den Kampf gegen Aufrüstung und Militarisierung von damals mit heute zu verbinden, findet am 14. Mai eine Demonstration in Essen statt. Im Aufruf des Bündnisses heißt es treffend: „Nehmen wir uns ein Beispiel an Philipp Müller, gedenken wir ihm, indem wir seinen Kampf fortführen. Er ist nicht umsonst gestorben, denn wir tragen seine Ideale weiter auf die Straße!“