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Freitag, Oktober 4, 2024
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    Berliner Justiz prüft Anklage gegen Wehrmachts-Wachmann

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    Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen einen 98 Jahre alten Mann erhoben: Als 19-Jähriger  hatte er in einem Kriegsgefangenenlager in der westlichen Ukraine dazu beigetragen, dass 809 Menschen grausam zu Tode kamen. Er lebte bisher in Freiheit, die Berliner Justiz prüft nun die Vorwürfe.

    Es wäre das erste Mal, dass ein Wachmann aus Kriegsgefangenenlagern des deutschen Faschismus vor Gericht zur Verantwortung gezogen würde. Der damals 19-Jährige hatte sein weiteres Leben ohne jegliche juristische Konsequenzen für seine Untaten verbracht, die ihm Staatsanwaltschaft jetzt als 98-Jährigem vorwirft:

    Als Soldat soll er von November 1942 bis März 1943 im Lager Wladimir-Wolynsk eingesetzt worden sein. Dort wurden vor allem sowjetische Soldaten unter derartigen Bedingungen inhaftiert, dass viele an Hunger und Krankheit verstarben. Die Staatsanwaltschaft sieht damit das Mordmerkmal erfüllt und wirft dem ehemaligen NS-Soldaten vor, dazu einen Beitrag geleistet zu haben.

    Weil der heute 98-Jährige unter 21 Jahre alt war, als er im Wachturm des Kriegsgefangenenlagers arbeitete, soll sein Fall vor der Jugendstrafkammer verhandelt werden. Seit Mai lässt das Gericht jedoch die Anklage nicht zu, sondern ordnete zunächst Nach-Ermittlungen an. Bis heute ist nicht absehbar, ob ihr tatsächlich ein Prozess folgen wird.

    Die Anklage ist deswegen neu, weil es sich bei dem Wachmann nicht um einen ranghohen Soldaten handelt. Der Leiter der Zentralen Stelle zur Verfolgung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg hatte im vergangenen Jahr dem NDR bestätigt, dass auch zu ähnlichen Fällen in anderen Lagern ermittelt werde.

    Aktuell laufen außerdem Verhandlungen zu einem ehemaligen Wachmann aus dem KZ Sachsenhausen, der für die Beihilfe an tausenden Gefangenen zu einer Haftstrafe von 5 Jahren verurteilt wurde. Der heute 101-Jährige war in diesem Lager als SS-Wachmann tätig und bestreitet, für den Mord an Gefangenen mitverantwortlich zu sein.

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