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Donnerstag, März 28, 2024
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    Twitter endgültig in Hand des reichsten Manns der Welt

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    Am 28.10.2022 wurde der Kauf der Kurznachrichtenplattform „Twitter“ durch Tesla-Eigentümer und SpaceX-Leiter Elon Musk vollzogen, nachdem sich die Transaktion zuletzt über mehrere Monate hinweg gezogen hat. Die Auswirkung auf die Microblogging-Plattform sind noch ungewiss.

    Bereits im April 2022 hatte sich der 221,5 Milliarden Euro schwere Musk mit Twitter über die Unternehmensübernahme geeinigt. Drei Monate später unternahm Musk den Versuch, diese Einigung als unwirksam zu deklarieren, mit der Begründung, dass Angaben seitens Twitter bezüglich der Anzahl der Fake-Accounts falsch wären.

    Twitter bestritt daraufhin den Rechtsweg zur Einhaltung des geschlossenen Vertrags. Das Verfahren wurde ausgesetzt, nachdem Musk dem Vollzug des Vertrags doch zustimmte. Die Frist dazu lief genau am 28.10.2022 ab. Infolgedessen wurde das Unternehmen am selben Tag von Musk privatisiert, sodass ein Handel der Aktien für die Öffentlichkeit nicht mehr möglich ist. Grund dafür ist, dass Musk sich so der Börsenaufsicht SEC sowie der Pflicht, regelmäßige Quartalsberichte über die finanzielle Lage Twitters zu veröffentlichen, entziehen kann.

    Damit befindet sich nun ein Soziales Netzwerk im Privateigentum des reichsten Mannes der Welt, das zwar nicht an die Reichweite eines Facebook oder TikTok heranreicht, aber vor allem in den USA und Europa gerade von Politiker:innen, Journalist:innen und anderen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens stark genutzt wird, um eigene Standpunkte zu veröffentlichen. Auch Teile der politischen Widerstandsbewegung nutzen das Medium regelmäßig.

    Im Vorfeld des Kaufs hatte Musk eine Stärkung der Redefreiheit durch die Übernahme angekündigt. Von verschiedenen Seiten wurde hieran Kritik geäußert, unter anderem von unserem Autor Philipp Nazarenko.

    Elon Musk kauft Twitter – Eine Chance für die Demokratie?

    Von mehreren Seiten wird zudem die Sorge laut, dass Musk Twitter im Rahmen seiner Interessen nutzen wird, um kritische Stimmen ihm gegenüber verstummen zu lassen und zugleich die Verbreitung faschistischer Botschaften fördern könnte. Dabei ist klar, dass jede antikapitalistische Stimme unvereinbar mit den Größenwahn des Multimilliadärs ist, die freie Verbreitung derselben Stimmen über Twitter allerdings jetzt von seinem Wohlwollen abhängt.

    In Angst um die primäre Einnahmequelle durch Werbung auf Twitter versuchte Musk durch einen Tweet schon die Partner zu beruhigen, dass Twitter kein „Ort des Grauens“ werde. Währenddessen hatte GM infolge der Übernahme die Werbeschaltung auf der Online-Plattform bereits eingestellt.

    Bejubelt wurde die Übernahme währenddessen von Donald Trump, der von Twitter nach dessen Äußerungen über den Sturm auf das Kapitol 2021 gesperrt wurde und seitdem seine reaktionären Statements nur noch unter einer überschaubaren Zahl von Usern auf der Trump-eigenen Online-Plattform “Truth Social” verbreiten kann. Ungeachtet einer möglichen Freischaltung hat Trump schon angekündigt, nicht zu Twitter zurückkehren zu wollen.

    Fraglich bleibt jedoch, ob diese Ankündigung Bestand haben wird. Gerade für den Wahlkampf um die Präsidentschaft der USA 2024 liegt eine größere Reichweite nämlich klar im Interesse Trumps. Für seine Freischaltung spricht auch der Umstand, dass Musk unter anderem Chefjuristin Vijaya Gadde entlassen hat, die 2021 maßgeblich an einer Sperrung von Trump-Tweets beteiligt war.

    Freigeschaltet wurde derweil schon US-Rapper Kayne West, vormals gesperrt wegen antisemitischer und rassistischer Äußerungen. Nach Vorbild vom Konkurrenten Meta plant Musk in der Zukunft, ein Gremium einzusetzen, um Sperrungen kollektiv prüfen zu lassen. Das letzte Wort will jedoch stets er selbst als selbst erklärter Demokratiefreund behalten.

    In den letzten Monaten war Musk bezüglich Twitter damit aufgefallen, dessen Marktwert durch öffentliche Kritik an der Unternehmensführung zu senken. Jetzt drohen den Arbeiter:innen des Kurznachrichtendienstes Massenentlassungen: Spekulationen gehen von bis zu 75% des Unternehmens mit 7.500 Beschäftigten aus.

    Am ersten Arbeitstag nach der Übernahme herrscht also unter Angestellten die kalte Angst, in der schlimmsten Rezession des 21. Jahrhunderts arbeitslos zu werden. Besonders brisant dabei ist, dass bei einer Kündigung vor November die Aktienoptionen, die den Mitarbeitenden zugeteilt wurden, nicht in Bargeld umgewandelt werden müssen. Musk könnte also durch eine dem zuvor kommende Entlassung eine Auszahlung aus seinem Vermögen vermeiden. Damit würde er den eigenen Kaufpreis für das Unternehmens noch nachträglich auf dem Rücken der Arbeiter:innen erheblich drücken.

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