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Montag, Oktober 7, 2024
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    Welchen Zusammenhalt wünscht sich Olaf Scholz zum neuen Jahr?

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    Bundeskanzler Scholz hat das Jahr 2022 mit einer traditionellen Neujahrsansprache im Fernsehen beendet. Hinter blumigen Phrasen verbirgt sich einzig und allein das Interesse der Kapitalist:innenklasse. Ein Kommentar von Paul Gerber

    Bundeskanzler Scholz hat uns mit nur schwer erträglichem Gesülze ins Neue Jahr geschickt. 2022 war ein schweres Jahr. Russland ist böse. Aber Deutschland ist stark und der Bundeswehr gebührt Respekt. Das ist die Kurzfassung.

    Wirklich neue Punkte sucht man auch mit der Lupe vergebens. Die ganze siebenminütige Ansprache ist eher eine Art „Best of“ der politischen Schlagwörter und Parolen, die uns nun schon fast ein ganzes Jahr aus den Mündern der Volkszertreter von SPD, Grünen und FDP entgegenschallen.

    Rhetorisch sonderlich mitreißend war der wegen seiner Redekunst als „Scholzomat“ verspottete SPD-Kanzler ja noch nie, dennoch kommt am Ende eine klare Botschaft an: Wir Menschen in Deutschland sollen hart arbeiten und „zusammenhalten“.

    Der Appell wird an die ganze Nation formuliert, es ist aber klar, dass wir Arbeiter:innen gemeint sind. Logisch: Die Kapitalist:innenfamilien wie Quandt (BMW) oder Albrecht (ALDI) müssen ja bekanntlich ohnehin nicht arbeiten, um in Luxus zu schwelgen.

    Genau diesen Unterschied lässt Kanzler Scholz wohlweislich weg. Deutschland ist tief gespalten und zwar vor allem in die Arbeiter:innen- und die Kapitalist:innenklasse. Wer das nicht betont und trotzdem von „Zusammenhalt“ fabuliert, der fordert eigentlich nur den Frieden zwischen den Klassen, der fordert, dass wir Arbeiter:innen auf die Profitinteressen unserer Ausbeuter Rücksicht nehmen müssen und ihre Herrschaft nicht in Frage stellen.

    Bei der Frage nach dem Zusammenhalt gilt es also die Frage zu stellen: Zusammenhalt zwischen wem? Dass wir Arbeiter:innen den Zusammenhalt mit den Kapitalist:innen suchen, würde bedeuten, dass wir tatenlos zusehen, wie sie die Produkte, die sie uns verkaufen Monat für Monat teurer machen, während wir kaum ein paar Prozent mehr Lohn im Jahr dafür sehen, dass wir genau diese Produkte herstellen. Mit anderen Worten: Dann lassen wir uns das Fell gleich mehrmals über die Ohren ziehen.

    Im Jahr 2023 muss es darum gehen, nicht mehr hinzunehmen, dass wir so dreist ausgeraubt werden. Genauso wenig dürfen wir uns dazu hinreißen lassen, „hart zu arbeiten“, um Deutschland kriegsfähig zu machen, wie es Kanzler Scholz gerne sehen würde.

    Zusammenhalt? Ja gerne! Aber Zusammenhalt unter uns Arbeiter:innen – auch genannt: Klassensolidarität! Das ist es, was wir im nächsten Jahr brauchen. Statt individuelle Auswege aus Situationen, die für uns unerträglich geworden sind, zu suchen, muss es gelingen, gemeinsam mit unseren Klassengeschwistern aufzustehen und den nächsten Angriffen des Kapitals entgegenzutreten – egal in welcher Form sie kommen: Als Pseudolohnerhöhungen, Teuerungen, weiteren Einschränkungen demokratischer Rechte oder die Kriegsvorbereitungen im Interesse deutscher Banken und Konzerne.

     

    • Paul Gerber schreibt von Anfang bei Perspektive mit. Perspektive bietet ihm die Möglichkeit, dem Propagandafeuerwerk der herrschenden Klasse in diesem Land vom Standpunkt der Arbeiter:innenklasse aus etwas entgegenzusetzen. Lebensmotto: "Ich suche nicht nach Fehlern, sondern nach Lösungen." (Henry Ford)

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