Ein Gericht sprach elf Aktivist:innen der Unterstützung der PKK und der „Terrorfinanzierung“ schuldig. Die Verteidigung spricht von einem politisch motivierten Prozess und kritisierte die Einstufung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als terroristische Organisation.
Am Freitag, den 14. April, wurden elf kurdische Aktivist:innen vom Pariser Strafgerichtshof der Unterstützung der verbotenen PKK und der „Terrorismusfinanzierung“ für schuldig befunden. Sie wurden zu Haftstrafen zwischen drei Jahren auf Bewährung und fünf Jahren (davon ein Jahr auf Bewährung) verurteilt. Bei den Betroffenen handelt es sich um politische Geflüchtete aus Nordkurdistan, die in Frankreich Asyl beantragt haben.
Ihnen wir vorgeworfen, Teil eines „Netzwerks“ zu sein, das im Südosten von Frankreich „beträchtliche Beträge“ für eine sogenannte „Jahresspendenkampagne“ der PKK beschafft haben soll. Dabei sollen Gelder über die kurdische Diaspora eingesammelt worden sein.
Zu diesem konkreten Fall seien die Ermittlungen bereits im Jahre 2020 eingeleitet worden. Grund dafür sei das Verschwinden von zwei jungen Frauen in der Region Marseille gewesen, die sich angeblich dem kurdischen Widerstand angeschlossen hätten und von ihren Familien vermisst gemeldet worden seien. Bei den Ermittlungen wandte der Staat umfangreiche Abhörmaßnahmen an, bevor er die Verdächtigen festnahm.
Bereits kurz nach dem Urteil kam es in Marseille zu Reaktionen von solidarischen Organisationen und auch von der kurdischen Befreiungsbewegung. Das „Collectif Internationaliste Marseille Kurdistan“ sprach von einem „nicht zu übersehenden politischen Kontext“ des Prozesses. In der aktuell zugespitzten internationalen Lage nutze der türkische Staat verschiedenste Hebel, um von seinen Verbündeten in EU und NATO Zugeständnisse und Unterstützung im Kampf gegen die unterdrückten Kurdi:innen zu bekommen:
„Die Verhaftungen folgen auf ein Telefongespräch zwischen Macron und Erdogan Anfang März und ein Treffen zwischen den Außenministern beider Länder, bei dem es um Migrationsfragen und die angespannte Lage im östlichen Mittelmeerraum ging. Erdogan erpresst die EU, er nutzt die syrischen Flüchtlinge in der Türkei als Faustpfand, aber auch seinen wachsenden Einfluss im Nahen Osten, um politische Zugeständnisse für seine antikurdische Repression – dazu zählen die Verhaftungen von Mitgliedern der HDP, Angriffe auf Rojava, der Einsatz von chemischen Kampfstoffen – zu erhalten“, schreibt die Gruppe.
Auch die Verteidigung spricht von einer politischen Motivation hinter dem Prozess und kritisiert außerdem die Einstufung der PKK als Terrororganisation überhaupt.
So handelt es sich bei den Verurteilten um politische Flüchtlinge, die in ihrer Heimat von der türkischen Justiz verfolgt werden, nun aber wegen ihres demokratischen Aktivismus sogar in Frankreich Repressionen ausgesetzt sind. Besonders perfide ist, dass es im Winter in Paris einen gegen Kurdi:innen gerichteten Terroranschlag mit drei Toten und mehreren Verletzten gab, der von den französischen Behörden bis heute nicht als Terroranschlag, sondern als „rassistisch motivierter Mehrfachmord“ eingestuft wird.
Auch Deutschland mit harter Hand gegen Oppositionelle aus der Türkei/Nordkurdistan
Für die deutsche Regierung ist die Türkei ein enger Bündnispartner, noch über die gemeinsame Beteiligung in der NATO hinaus. Damit geht auch die Repression gegen kurdische und türkische Linke innerhalb Deutschlands einher. So wurde beispielsweise die linke Aktivistin und Journalistin Özgül Emre am 16. Mai 2022 am Heidelberger Hauptbahnhof festgenommen. Kurz darauf wurden auch Serkan Küpeli und Ihsan Cibelik – ein Musiker der bekannten linken Band Grup Yorum – verhaftet. Ihnen wird aufgrund ihrer politischen Aktivitäten die Mitgliedschaft in einer angeblich terroristischen Vereinigung im Ausland nach § 129b StGB vorgeworfen. Dieser Paragraph wurde bereits in vielen Fällen für die Bespitzelung und Unterdrückung von Revolutionären angewandt.