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Sonntag, April 28, 2024
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    Wie viel Geld muss man haben, um in Seenot gerettet zu werden?

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    Das medial inszenierte Drama um das Tauchboot „Titan“ macht kurz nach einer der größten Bootskatastrophen mit Geflüchteten im Mittelmeer aller Zeiten deutlich, wie wenig das Gerede von der Gleichwertigkeit aller Menschenleben wert ist. – Ein Kommentar von Paul Gerber

    Nachdem am 22. Juni die US-amerikanische Küstenwache bekannt gab, dass die Insassen des Tauchboots „Titan“ tot sind, dürfte die Intensität der Suche nun reduziert werden – nach fünf Tagen.

    Sicher ist es ein Zufall, dass sich das „Drama“ um vier steinreiche Unternehmer und einen immerhin reichen Experten für das Wrack der Titanic so kurz abgespielt hat, nachdem nur vier Tage zuvor, am 14. Juni vor der griechischen Küste hunderte Migrant:innen auf der Flucht nach Europa ertrunken sind. So kann noch klarer als sonst gegenübergestellt werden, wie wenig und wie viel ein Menschenleben im Kapitalismus eigentlich wert ist. Die dahinterstehende Logik aber ist Alltag in diesem System.

    Der Unterschied im sozialen Status der Toten ist offensichtlich, aber auch die Art, wie die beiden Fälle behandelt wurden, ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Während die ganze Weltöffentlichkeit zusah, wie US-Marine, US-Küstenwache, Kanadische Küstenwache und weitere Schiffe tagelang ein riesiges Meeresgebiet nach einer Kapsel mit abenteuerlustigen Millionären absuchten, sah, als mehr als 600 Menschen vor Europas Küste ertranken, nur eine Behörde zu: die griechische Küstenwache.

    Während die Nachrichten tagelang mit noch so abwegigen Anzeichen für ein Überleben der finanzkräftigen Tiefseeabenteurer geflutet wurden, stellte die griechische Küstenwache schon einen Tag nach der Katastrophe vor Pylos nüchtern fest, dass eine Suche nach den Leichnamen nicht sehr aussichtsreich sei, da das Boot an einer sehr tiefen Stelle des Mittelmeers gesunken sei.

    Überraschen dürfte uns dieses Messen mit vollkommen unterschiedlichen Maßstäben eigentlich nicht, steckt doch dahinter eine klare Logik: Die fünf Toten im Tauchboot „Titan“ gehören zu den Reichsten der Reichsten. An den Geflüchteten vor Pylos sollte ein Exempel statuiert werden.

    Deswegen brachte die griechische Küstenwache das Boot beim Versuch, es nach Italien zu schleppen, zum Kentern, deswegen lief ein Rettungsschiff der griechischen Küstenwache zwar aus einem nahen Hafen aus, erreichte aber nie (auch nach Stunden nicht) den Unglücksort und deswegen wird den Aussagen Überlebender an Bord des Schiffes gegen die griechische Küstenwache nicht nachgegangen.

    • Paul Gerber schreibt von Anfang bei Perspektive mit. Perspektive bietet ihm die Möglichkeit, dem Propagandafeuerwerk der herrschenden Klasse in diesem Land vom Standpunkt der Arbeiter:innenklasse aus etwas entgegenzusetzen. Lebensmotto: "Ich suche nicht nach Fehlern, sondern nach Lösungen." (Henry Ford)

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