Ob „Masken-Affäre“ oder Philipp Amthors Lobbytätigkeit für “Augustus Intelligence”: Korruption ist auch in Deutschland kein Fremdwort. Nun haben Recherchen von “abgeordnetenwatch.de” Verstöße gegen die Transparenzpflichten von Abgeordneten des Bundestags ans Licht gebracht. Bisher gab es bei fast 500 Verstößen nur einmal ein Ordnungsgeld als Sanktion.
Korruption findet an vielen Stellen in der Gesellschaft statt und bleibt meist unbemerkt. Neben den bekannten Formen der Bestechung gibt es auch die Einflussnahme, zum Beispiel durch Lobbyisten oder hoch bezahlte Beratertätigkeiten. Gerade letztere sind in Deutschland legal – fallen also offiziell nicht unter „Korruption“. Für diese Nachlässigkeit wurde Deutschland schon mehrfach gerügt, etwa durch den Europarat.
Die Plattform abgeordnetenwatch.de veröffentlichte kürzlich eine Recherche zu diesem Thema und kam zu dem Ergebnis, dass eine Reihe von Spitzenpolitiker:innen gegen geltendes Recht verstoßen würden. Dabei gehe es um Honorare für Reden oder andere Tätigkeiten für Lobbyorganisationen. Diese müssen nach einem neuen Gesetz von den Abgeordneten innerhalb von drei Monaten veröffentlicht werden. In einigen Fällen kamen die Meldungen erst auf Nachfrage durch Journalist:innen.
Aus den Recherchen geht hervor, dass Alexander Graf Lambsdorff, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, verbotenerweise für Vorträge Geld genommen haben soll. So soll er 3.000 Euro von einer Steuerberatungsfirma für eine Rede auf Mallorca oder 6.910 Euro von einer Vermögensverwaltung für eine Rede auf einem denkmalgeschützten Wasserschloss nahe München erhalten haben. Insgesamt soll er 52.700 Euro mit Reden dieser Art verdient haben. Auftraggeber seien etwa Vermögensverwaltungen, aber auch die Warburg Bank, die oft im Rahmen der Cum-Ex-Affäre genannt wird. Die Themen der Reden waren etwa „Die aktuelle Situation in Europa“, „Krieg in der Ukraine“ und die „Entwicklungen in der Ukraine“. Gerade diese Themen könnten ihm jetzt zum Verhängnis werden.
Laut Abgeordnetengesetz dürfen die Reden nämlich nicht „im Zusammenhang mit der Mandatsausübung“ stehen. Laut Bundestagssprecher wäre es also ein Verstoß, „wenn der Vortrag sich auf die Mitgliedschaft des Abgeordneten im Bundestag im Allgemeinen bezieht oder ein Zusammenhang mit einzelnen Tätigkeiten des Abgeordneten im Rahmen seiner Mandatsausübung gegeben ist“. In diesem Fall hielt also ein Außenpolitiker, der gleichzeitig dem Auswärtigen Ausschuss des Bundestages und dem Europa-Ausschuss als stellvertretendes Mitglied angehörte, Reden zu genau solchen Themengebieten. Eine Anfrage von abgeordnetenwatch.de ließ Lambsdorff bisher unbeantwortet.
Neben Lambsdorff sollen sich laut der Recherche noch weitere Politiker:innen schuldig gemacht haben, wie etwa Julia Klöckner (CDU), weil sie ihre Rolle im „Verein Wirtschaftspolitischer Club Deutschland e.V.“ zu spät veröffentlicht habe.
Kaum eine Strafe zu erwarten
Laut abgeordnetenwatch.de soll es zwischen 2005 und 2021 fast 500 Verstöße gegeben haben. In der Regel werden diese Verstöße nicht bestraft, in Ausnahmefällen gibt es eine interne Ermahnung, in 10 Fällen gab es eine öffentliche Rüge, die aber auch nur einen Verwaltungsakt durch den Bundestagspräsidenten darstellt. Lediglich in einem Fall wurde ein Ordnungsgeld in Höhe von 20.000 Euro verhängt.