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Sonntag, April 28, 2024
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    Übergriff bei WM-Finale: Spielerinnen streiken gegen Täter-Opfer-Umkehr

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    Die erfolgreiche Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen endete mit einem sexuellen Übergriff durch den spanischen Verbandspräsidenten. Dieser stellte sich danach selbst als Opfer dar und verweigerte seinen Rücktritt. Die Spielerinnen der Nationalmannschaft gaben daher am Freitag einen gemeinsamen Streik bekannt. Die FIFA suspendierte Rubiales derweil für 90 Tage.

    Vom 20. Juli bis zum 20. August fand die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen in Australien und Neuseeland statt. Das diesjährige Turnier sorgte für einen Anstieg in der Beliebtheit des Frauenfußballs und brach einige Rekorde. So kamen fast 2 Millionen Menschen zu den Spielen ins Stadion und in unzähligen Ländern wurden die Einschaltquoten der vergangenen Weltmeisterschaften weit übertroffen.

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    Am letzten Abend trafen dann die englische und spanische Nationalmannschaft im Finale aufeinander. Spanien konnte das Spiel mit 1:0 für sich entscheiden und den Pokal mit nach Hause nehmen. Doch bei der Siegerehrung kam es zu einem Übergriff durch den Vorsitzenden des spanischen Fußballverbands Luis Rubiales.

    Sexueller Übergriff vor laufenden Kameras

    Wie auf den Aufnahmen des Abends zu sehen ist, holen sich die Fußballerinnen nacheinander ihre Medaillen und Glückwünsche verschiedener Funktionär:innen ab. Als die Spielerin Jennifer Hermoso vor dem Verbandsvorsitzenden steht und die beiden sich umarmen, nimmt Rubiales ihren Kopf in die Hand und gibt ihr ungefragt einen Kuss auf den Mund.

    Nachdem sich das Video schnell in den sozialen Netzwerken verbreitete, stellte die Spielerin in einem Statement klar, dass der Kuss keinesfalls von ihr gewollt war: „Ich fühlte mich verletzlich und als Opfer einer impulsiven, sexistischen und unangebrachten Handlung, der ich nicht zugestimmt hatte“.

    Täter-Opfer-Umkehr trotz offensichtlicher Beweislage

    In ihrem Statement spricht die spanische Fußballspielerin außerdem davon, dass sie vom spanischen Fußballverband RFEF bereits kurz nach dem Vorfall dazu gedrängt wurde, eine gemeinsame Erklärung abzugeben, um den Druck auf den Verbandspräsidenten Rubiales zu mindern. Auch in den folgenden Tagen wurde sie immer wieder genötigt, die Handlungen des Präsidenten zu rechtfertigen.

    Dieser versuchte, sein Verhalten unter anderem in einer kurzfristig einberufenen Generalversammlung des Verbands zu verteidigen und verweigerte seinen Rücktritt, woraufhin auch der Verband in einer eigenen Stellungnahme die Aussagen Hermosos als Lüge darstellte. Am Samstag drohte er sogar mit rechtlichen Schritten gegen die Spielerin.

    Auch Karl-Heinz Rummenigge, der im Aufsichtsrat des FC Bayern München sitzt und Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees ist, äußerte sich in einer Talkshow zu dem Thema und sagte: “Wenn man Weltmeister wird, ist man emotional. Und was er da gemacht hat, ist – sorry, mit Verlaub – absolut okay”.

    Solidarität unter den Frauen der Nationalmannschaft

    Nachdem die Forderungen der Nationalspielerinnen nach einem Rücktritt Rubiales trotz eindeutiger Beweislage und öffentlichen Drucks nicht umgesetzt wurden, gaben die Frauen der spanischen Nationalmannschaft bekannt, dass sie gemeinsam in einen Streik gehen. Der gesamte Kader der Frauen sowie auch ehemalige Nationalspielerinnen werden nun solange nicht mehr bei Länderspielen antreten, bis Rubiales aus seinem Amt entlassen wurde.

    Dass sich die Frauen geschlossen gegen das Verhalten stellen, während unzählige Männer inner- und außerhalb des spanischen Verbands den sexuellen Übergriff verteidigen, ist kein Zufall: Hermoso spricht davon, dass sich dieser Vorfall in eine lange Liste von Situationen einreiht, die die Spielerinnen in den letzten Jahren bereits angeprangert hatten. Der Vorfall beim WM-Finale sei nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe, da patriarchales Verhalten seit Jahren zum Alltag der Mannschaft gehöre.

    Am Samstagabend wurde Rubiales schließlich von Weltverband FIFA für 90 Tage suspendiert. Einen vollständigen Ausschluss gibt es allerdings noch nicht und auch eine rechtliche Verfolgung durch die spanische Justiz steht noch aus.

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