Die 28. UN-Weltklimakonferenz in Dubai/ Vereinigte Arabische Emirate wurde am Mittwoch mit Verabschiedung des Abschlusstextes beendet. Seit dem 20. November verhandelten 197 Länder über Maßnahmen zur Erreichung der Ziele des Pariser Klima-Abkommens von 2015. Am Dienstag mussten die Verhandlungen über den Abschlusstext verlängert werden, da sich über 100 Länder gegen den Entwurf der Konferenzleitung aussprachen. – Ein Gastkommentar von Mario Zimmermann
Vor zwei Wochen, am 30.11.2023, startete die COP28. Die Klimakonferenz war von Beginn an begleitet von einer Vielzahl an Skandalen, die ein internationales Medien-Echo auslösten. Der Vorsitzende der Konferenz und gleichzeitige CEO des staatlichen Ölkonzerns Abu Dhabi National Oil Company, Sultan Ahmed al-Jaber, traf sich schon im Vorfeld der Konferenz mit Vertretern von über 30 Ländern, um die Interessen des Ölkonzerns zu sichern. Auch für den Zeitraum der Klimakonferenz selbst waren Treffen angesetzt, in denen über Gas- und Öldeals verhandelt wurde.
Hinterzimmerdeals, Meinungsverbote und Medien-Manipulation
Begleitet wurde die Klimakonferenz von mehr als 2.400 Konzernlobbyisten, die an sämtlichen Konferenzen uneingeschränkt teilnehmen konnten. Ebenso gehörten Stände und Sponsorings von Energiekonzernen und großen Industriemonopolen zum Bild der COP28.
Dass dadurch die Konzerninteressen großer Gasmonopole die Diskussionen und Ergebnisse maßgeblich beeinflussen, soll angeblich nicht in Konflikt mit den Zielen der Konferenz stehen. Die meisten Konzerne zeigen sich geläutert und betonen ihre Investitionen und Bemühungen im Abbau von Emissionen.
Für Empörung sorgte derweil ein Einsatz der Anti-Terroreinheit der emiratischen Polizei gegen Teilnehmer:innen der Klimakonferenz. Die Delegation der MLPD war vor Ort, um mit ihrer Sendung Rote Fahne News für eine kritische Berichterstattung zu sorgen und ihr neues Buch zu verbreiten. Davon wurde sie vom Sicherheitsdienst der Konferenz abgehalten und durch die Anti-Terroreinheit verhört.
Auch durch die gezielte Manipulation diverser Wikipedia-Artikel wurde versucht, die kritischen Stimmen zur Doppelrolle von Sultan Ahmed Al Jaber verstummen zu lassen und ihn als „genau die Art von Verbündeten, die die Klimabewegung braucht“ darzustellen. Die Manipulationsversuche wurden von Mitgliedern seines Teams und Angestellten anderer Energiekonzerne veranlasst.
Einigung erreicht – „Abkehr von fossilen Brennstoffen“
Wie zu erwarten, kam es am Ende der Konferenz zu einem Ringen über Formulierungen im Abschlusstext. Im Vordergrund stand dabei die Verhandlung über eine verbindliche Zusage für den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern. Am Tag des geplanten Konferenzabschlusses wurde der Entwurf für einen Abschlusstext von mehr als 100 Ländern abgelehnt, da er weder den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen noch andere nennenswerte Verbindlichkeiten enthielt.
In dem endgültigen Abschlusstext, der am Mittwoch von den 197 vertretenen Ländern beschlossen wurde, sind folgende zentrale Punkte enthalten:
- Verdreifachung der Erneuerbaren Energien bis 2030.
- Eine nicht datierte „Abkehr von fossilen Brennstoffen“ (über einen verbindlichen Ausstieg konnte keine Einigung erzielt werden; für die weitere Nutzung von Erdgas „zum Übergang“ wurde eine Hintertür geschaffen).
- Einrichtung von diversen Fonds für Investitionen.
Der Beschluss erhielt stehende Ovationen und wird als historisch betitelt. Die wissenschaftliche Betrachtung der Klimaschutz-Zusagen wird dabei vollkommen außen vor gelassen. Das Weltklima wird sich laut UN Emissions Gap Report 2023 bis zum Jahr 2100 um 2,9 Grad erhitzen – vorausgesetzt, die ungenügenden Abmachungen werden eingehalten, woran jedes Land bisher scheiterte.
„We united, we acted, we delivered“
Das Ringen um den Abschlusstext war unter anderem so schwer, da konkurrierende Ländergruppen und Zweckbündnisse die Verhandlungen behinderten. Die verschiedenen Entwicklungsniveaus der Länder, bzw. die gegensätzlichen Interessen ihrer nationalen Wirtschaften und Monopolkonzerne lieferten dafür viele Streitpunkte.
Da ist einerseits das Ölkartell Organisation Erdölexportierender Länder (OPEC) mit der Regionalmacht Saudi-Arabien an der Spitze, deren Wirtschaft auf der Ausbeutung der landeseigenen Rohstoffvorkommen aufbaut. Von der parallel tagenden OPEC-Konferenz in Doha (Katar) schickte OPEC-Generalsekretär Haitham al-Ghais einen Brief an die Mitgliedsstaaten, in dem er dazu aufforderte, jegliche Aufnahme eines Ausstieg aus fossilen Energien zu blockieren.
Es trat außerdem eine Atomkraft-Allianz bestehend aus Frankreich, Polen und weiteren Ländern auf. Die Interessensgruppe hatte sich schon im Februar gebildet und nutzte die internationale Bühne, um Atomkraft als Tor zur emissionsfreien Energiegewinnung zu verklären.
Die meisten EU-Länder sprachen sich derweil für den Ausstieg aus fossilen Energieträgern aus. Sie beriefen sich dabei auf ihre bisherigen Investitionen und „Anstrengungen“. Es wurde z.B. vor China und Indien gemahnt, deren wachsende Wirtschaften ein Ansteigen der Emissionen in den vergangenen Jahren bewirkten. Dabei liegt deren Pro-Kopf-Ausstoß immer noch weit unter dem der EU-Länder. Darauf erwiderte der kuwaitische Ölminister al-Barrak, der Vorstoß der EU-Länder sei „rassistisch und kolonialistisch“.
Die Klimakrise nimmt ihren Lauf…
Spätestens mit der Verabschiedung des aufgeweichten COP28-Abschlusstextes muss deutlich sein, dass die UN die Zuspitzung der Klimakrise nicht verhindern wird. Darüber täuscht auch die betonte Zuversicht der deutschen Delegation unter Führung von Außenministerin Annalena Baerbock nicht hinweg.
Die wissenschaftliche Faktenlage ist allen Akteuren bekannt. Jedoch, Energiekonzerne und die Industriemonopole, die sie beliefern, profitieren entweder direkt von der Ausbeutung von Rohstoff-Vorkommen oder indirekt von den günstigen Energiepreisen, die sie für die energieintensive Stahlproduktion, Chemieindustrie usw. benötigen.
Zur Sicherung ihrer Profite und ihrer Position im internationalen Konkurrenzkampf werden sie ihr Geschäft weiter verfolgen, bis sie von der Politik den Umbau ihrer Produktion auf erneuerbare Energien aus den Taschen der Steuerzahler:innen finanziert bekommen, wie es in Deutschland mit dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) versucht wird.
Wie die Ampel-Regierung im Namen der Umwelt Geld an Konzerne verschenkt
Selbst wenn dieser Umbau gelingt, bleiben noch Überproduktion, Kriege und in der Folge Hungerkatastrophen und Vertreibungen als wesentliche Merkmale der kapitalistischen Produktion, die weiter auf die Zerstörung der Lebensgrundlagen auf der Erde wirken. All dies gilt es zu überwinden, sonst sind alle COPs umsonst. Die Weltklimakonferenzen, wie sie derzeit stattfinden, täuschen uns lediglich über diesen Widerspruch hinweg – das wird immer offensichtlicher.