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Montag, Oktober 14, 2024
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    Zum 99. Geburtstag von Esther Bejarano: „Ihr müsst alles wissen“

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    Heute wäre Esther Bejarano 99 Jahre alt geworden. Vom lebenslangen Kampf dieser unermüdlichen Kommunistin und Antifaschistin können wir auch heute viel lernen. – Ein Kommentar von Mohannad Lamees

    1941 steckten die Nazis Esther Bejarano so wie viele andere jüdische Mädchen in ein Zwangsarbeitslager. 1943 wurde Bejarano dann, mit 19 Jahren, erst in das Vernichtungslager Auschwitz und später in das KZ Ravenbrück deportiert. Sie überlebte und widmete ihr Leben dem Kampf gegen den Faschismus.

    Als sie 2021 starb, schrieb der damalige Außenminister Heiko Maaß über sie: „Mit ihr verlieren wir eine wichtige Stimme im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus“. Das ist sicherlich richtig. Doch Esther Bejarano war eine Kommunistin und Antifaschistin, die sich nicht von der deutschen Bürgerlichkeit nach 1945 vereinnahmen lassen wollte. Ihr ganzes Leben betonte sie die Mitschuld der bürgerlichen Regierungen sowie Institutionen an der Wiedererstarkung des Faschismus und stellte sich konsequent dagegen.

    Lebenslanger Kampf gegen den Faschismus und gegen die Repression in der BRD

    In Erzählungen über ihr Leben stellte Bejarano immer wieder eine Begebenheit als Schlüsselmoment für ihren politischen Aktivismus heraus: 1978 musste sie in Hamburg miterleben, wie die NPD einen Stand vor dem Schaufenster ihrer Boutique aufstellte. Als es zu Auseinandersetzungen zwischen antifaschistischen Gegendemonstrant:innen und der Polizei kam, ergriff Esther Bejarano Partei für die Gegendemonstrant:innen. Später sagte sie, dass das Mitansehen davon, wie Neonazis von Polizist:innen geschützt werden, für sie als Auschwitz-Überlebende unerträglich gewesen sei.

    Sie wurde nach diesem Erlebnis Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und organisierte sich in verschiedenen Komitees mit anderen Auschwitz-Überlebenden. Bis zu ihrem Tod war Bejarano Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP). Als dem VVN-BdA die Gemeinnützigkeit aberkannt und damit den Aktivst:innen durch den deutschen Staat Steine in den Weg gelegt werden sollten, schrieb sie in einen Brief an Olaf Scholz, damals Bundesfinanzminister: „Das Haus brennt – und Sie sperren die Feuerwehr aus“.

    Berühmt geworden ist auch ein Zitat von Bejarano aus der Satire-Sendung Die Anstalt. Dort sagte sie – Bezug nehmend auf die Verstrickung von staatlichen Behörden in die Terrortaten des NSU: „Wer gegen Nazis kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen“.

    Emigration nach Israel und Anti-Zionismus

    Ihre Kritik an Regierungen, die die Augen vor den wiedererstarkten faschistischen Bewegungen verschließen, bezog sich bei Weitem nicht nur auf Deutschland. Bejarano, die nach 1945 selbst 17 Jahre in Israel gelebt hatte, fand auch deutliche Worte für die anhaltende Unterdrückung der Palästinenser:innen durch den zionistischen Staat Israel. Sie sagte rückblickend über die gemeinsame Zeit mit ihrem Mann in Israel: „Israel kämpfte gegen die Palästinenser und warf sie hinaus. Sie gingen nicht von selbst, sie wurden gezwungen zu gehen. Wir konnten das einfach nicht ertragen.“

    Auch in Deutschland musste sich Bejarano, die mit der pro-palästinensischen BDS-Bewegung sympathisierte, stets für Ihre Haltung rechtfertigen. In einem Interview entgegnete sie darauf: „Ich sage immer, dass ich gegen die unmenschliche Politik gegenüber den Palästinensern und gegen den Krieg bin. Mit Krieg kann man keinen Frieden erreichen. Dann verleumden sie mich als Antisemitin“.

    „Damit diese Geschichte nie wieder passiert“: Musik gegen Nazis

    Bejarano überlebte Auschwitz nicht zuletzt, weil sie dort im Mädchenorchester spielte und so von der harten Zwangsarbeit verschont blieb. Darüber, mit dem Orchester auch für diejenigen zu spielen, die in die Gaskammern geschickt wurden, berichtete sie später:

    „Das war eigentlich das Schlimmste, was mir widerfahren ist in Auschwitz. Du konntest gar nichts machen. Du musstest spielen, und du wusstest genau, dass diese Menschen in den Tod gehen. Nur sie wussten es nicht. Sie haben dich angeschaut, angelächelt, und wahrscheinlich gedacht: Wo Musik ist, da kann uns nichts Schlimmes widerfahren. Bis heute sehe ich diese Bilder der Menschenkolonnen vor mir, die in den Tod gingen.“

    Aus der Musik und dem Gesang schöpfte Bejarano trotzdem ihr Leben lang Energie. In den 2000ern veröffentlichte sie mit der Kölner Hip-Hop-Gruppe Microphone Mafia eigene Lieder und Alben. Mit dem Projekt sollte vor allem der damaligen Schulhof-CD-Initiative der NPD etwas entgegengesetzt werden. Bejarano sagte einmal: „Ich singe, bis es keine Nazis mehr gibt“, konnte das Versprechen aber durch ihren Tod vor knapp zwei Jahren nicht einlösen. Es ist nun heute an uns, ihren mutigen Kampf gegen den Faschismus – mit ihren Liedern im Ohr – fort- und zum Sieg zu führen.

    • Seit 2022 bei Perspektive Online, Teil der Print-Redaktion. Schwerpunkte sind bürgerliche Doppelmoral sowie Klassenkämpfe in Deutschland und auf der ganzen Welt. Liebt Spaziergänge an der Elbe.

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