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Zeitung für Solidarität und Widerstand

100 Jahre nach Lenins Tod: Die Revolution bleibt notwendig

Diesen Monat jährt sich der Todestag des Revolutionärs Wladimir Iljitsch Lenin zum 100. Mal. Doch Lenin ist nicht bloß eine historische Figur, die im letzten Jahrhundert gelebt und gewirkt hat, sondern ist nach hundert Jahren noch immer für viele Menschen ein Bezugspunkt. Wie jedes Jahr gehen auch diesen Monat tausende Kommunist:innen in Berlin auf die Straße, um ihm neben Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht zu gedenken. – Ein Kommentar von Anita Blank

Auf den ersten Blick hat die Welt, in die Lenin 1870 hineingeboren wird – das russische Zarenreich – nicht viel gemein mit unserer Gegenwart. Bei näherer Betrachtung zeigen sich aber gewisse Ähnlichkeiten. So war die politische und gesellschaftliche Situation damals wie heute geprägt von Krieg und Krisen. Innerhalb von einem Jahrzehnt erlebte die russische Bevölkerung gleich zwei Kriege: den Russisch-Japanischen-Krieg ab 1904 und dann in noch verheerenderen Ausmaßen den 1. Weltkrieg.

Nachdem 1905 eine Revolution in Russland zwar gescheitert war, jedoch einige Reformen erkämpft wurden, folgte ein Jahrzehnt des europäischen Rüstungswettlaufs, an dem sich auch Russland beteiligte. Infolgedessen wurden schrittweise die zuvor zugestandenen Reformen zurückgenommen. Die Angriffe auf die Arbeiter:innenklasse und jegliche politische Aktivität erreichten ein neues Ausmaß und machten sichtbar, dass sich das Zarenreich in einer tiefen Krise befand. Wie in ganz Europa schlugen sich auch in Russland die sozialdemokratischen Kräfte mit dem Ausbruch des ersten Weltkriegs vollends auf die Seite der Herrschenden, die liberale Opposition erklärte den Burgfrieden und das Parlament wurde aufgelöst.

Lenin, der sich wie so viele Revolutionär:innen der Zeit im politischen Exil in Westeuropa befand, suchte aus der Ferne nach Antworten auf die Frage nach der Befreiung der Arbeiter:innenklasse. Er stützte sich dabei auf die Ideen von Karl Marx und Friedrich Engels, nach denen nur durch eine sozialistische Revolution die Befreiung erkämpft und die Ursachen für Krieg und Krise beseitigt werden könnten.

In seiner Imperialismus-Analyse arbeitete Lenin als erster heraus, dass die Konkurrenz der Monopole unweigerlich und gesetzmäßig zu Kriegen führt. Der Verrat der Sozialdemokratie hatte zudem deutlich gezeigt, dass auf sie kein Verlass war, dass die Arbeiter:innenklasse nicht auf friedliche Auseinandersetzung mit den Herrschenden hoffen konnte, sondern eine organisierte Kraft brauchte, hinter der sie sich sammeln konnte. Die Erfahrungen der politischen Verfolgung und Repressionen brachten Lenin zur Erkenntnis, dass es sich bei dieser Kraft um eine Kader:innenpartei handeln müsse, die auch in der Illegalität arbeiten kann.

Dass wir heute noch von Lenin lernen können, liegt vor allem daran, dass er seine Schriften nicht einfach am Schreibtisch erarbeitete, sondern in der Praxis bewies. Die Arbeiter:innenklasse, geführt von der Partei der Bolschewiki, hatte in der Oktoberrevolution 1917 zum ersten Mal in der Geschichte ihre Unterdrücker gestürzt und den ersten sozialistischen Staat erkämpft. Blicken wir auf das letzte Jahr zurück, können wir sehen, dass auch wir nicht zuhause sitzen bleiben können, wenn wir kein „Weiter so“ wollen. Der deutsche Staat rüstet auf, bereitet sich auf einen kommenden Krieg vor. Wir können zwar noch nicht sagen, wann dieser ausbrechen wird, aber für Verteidigungsminister Boris Pistorius ist klar, wir müssen „kriegstüchtig“ werden.

Und auch die Angriffe auf die Arbeiter:innenklasse, sei es durch Kürzungen von Sozialleistungen, der Einschränkung von Versammlungs- und Meinungsfreiheit durch die Kriminalisierung von palästina-solidarischen Demos oder dem Erlassen neuer Versammlungsgesetze sowie die Repression gegen Antifaschist:innen und Revolutionär:innen machen deutlich, dass es genug Gründe gibt, Klassenkampf nicht als eine Sache des letzten Jahrhunderts zu begreifen. Wenn wir heute Lenins gedenken, machen wir das also nicht in erster Linie, um an ihn als historische Person zu erinnern. Wir gedenken seiner, weil er schon vor über 100 Jahren Antworten auf die Frage nach unserer Befreiung gefunden hat und den Weg dahin vorgezeichnet hat. Lenin und alle Kämpfer:innen von 1917 zeigen uns, dass der Sozialismus keine Utopie ist. Aber sie geben uns damit auch Aufgaben mit auf den Weg: den Aufbau einer klassenkämpferischen Arbeiter:innenbewegung und einer Organisation, die diese anführen kann.

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