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Sonntag, April 28, 2024
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    Abschaffung der Sonntagsruhe „einfach mal ausprobieren“

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    Der Chef des Elektronikkonzerns MediaMarktSaturn fordert, die Sonntagsarbeit gesetzlich zu erleichtern. Während es bereits Ausnahmen für die gesetzlich verankerte Sonntagsruhe gibt, fordern Konzernchefs immer wieder die Streichung des arbeitsfreien Tags.

    Am Sonntag wird nicht gearbeitet. Dieses Recht auf einen arbeitsfreien Tag ist auch im Grundgesetz verankert, das den Sonntag und andere Feiertage als „Tage der Arbeitsruhe und seelischen Erhebung“ unter gesetzlichen Schutz stellt.

    Ein wesentlich früheres Gesetz der Sonntagsruhe findet sich bereits in einem Dekret des römischen Kaisers Konstantin, der im Jahr 321 den Sonntag zu einem allgemeinen Ruhetag erklärte. Entgegen landläufiger Meinung war dies zwar kein Zugeständnis an die frühe christliche Gemeinde, die am Sonntag zu religiösen Treffen zusammenkam, sondern eine Ehrung des Sonnengottes Sol Invictus.

    Dennoch führte dies womöglich zu einer Assoziation des Sonntags mit der Sabbatruhe, die von Jüd:innen traditionell am Samstag begangen wird. Im Mittelalter wurden die Regelungen der kirchlichen Sonntagsruhe immer strikter.

    Gesetzliche Ausnahmen und Konkurrenzfähigkeit

    Trotz der Verankerung im Gesetz gibt es bereits heute etliche Abweichungen von der Sonntagsruhe. Neben den bekannten Ausnahmen für Polizei, Feuerwehr, Pfleger:innen und den Rettungsdienst steht es den Aufsichtsbehörden der Bundesländer offen, Ausnahmen in Einzelfällen zu genehmigen.

    So dienen solche Einzelfälle auch dem Schutz deutscher Unternehmen und Monopole gegenüber dem ausländischen Kapital. Lastet ein deutsches Unternehmen die in Deutschland zulässigen Betriebszeiten weitestgehend aus und hat dennoch kürzere Arbeitszeiten als ausländische Unternehmen, dann kann auch Sonntagsarbeit genehmigt werden.

    Auch kann Sonntagsarbeit unter außergewöhnlichen Umständen genehmigt werden, wenn sonst „erheblicher Schaden“ entstünde – sprich, wenn die Profite der Unternehmen zu stark einbrechen würden. Mit dieser Begründung hat z.B. Amazon in der Vorweihnachtszeit immer wieder Genehmigungen für Sonntagsarbeit beantragt. Zwar sah das Bundesverwaltungsgericht dies nicht als rechtens an – allerdings erst nach einer Klage der Gewerkschaft ver.di, nachdem die zuständige Behörde bereits den Einsatz von 800 Arbeiter:innen im Logistikzentrum genehmigt hatte.

    Angriffe auf die Sonntagsruhe

    Mit Blick auf die zusätzlichen Profite, die durch den zusätzlichen Arbeitstag erzielt werden können, ist es nicht verwunderlich, dass Kapitalist:innen die Sonntagsruhe immer wieder angreifen. 2020 machte der Handelsverband Deutschland die Sonntagsruhe für das „Sterben“ von Handel und Stadtzentren verantwortlich und forderte eine „verlässliche Sonntagsöffnung“.

    Solche Forderungen stellte nun auch Karsten Wildberger, Chef der Elektronikhandelskette MediaMarktSaturn und Vorstandsvorsitzender bei dessen Mutterkonzerns Ceconomy. Der Funke Mediengruppe sagte er: „Ich würde mir in dieser Hinsicht mehr Freiheiten wünschen. Aber wir sollten das einfach mal ausprobieren und den Vorschlag nicht direkt wieder zerreden“.

    Wildberger hat auch andere Vorschläge parat, welche die Profite seines und anderer Unternehmen im Einzelhandel erhöhen sollen. So könne er einer Abwrackprämie für alte Elektrogeräte mit schlechter Energiebilanz eine Menge abgewinnen. Wildberger nennt Nachhaltigkeit und das Erreichen der Klimaziele als Gründe für eine solche Prämie. Auf die ökologischen Kosten für die Herstellung aller neuen Geräte, gegen die Kund:innen ihre alten Geräte eintauschen würden, geht er nicht ein.

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