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Montag, Oktober 14, 2024
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    Finanzminister Lindners Rede bei den Bauernprotesten: 18 Minuten Verachtung für uns

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    Die Rede von Finanzminister Lindner beim Abschluss der Bäuer:innen-Aktionswoche ist ein eindrückliches Beispiel dafür, wie die Regierenden in diesem Land durch gezielte Hetze gegen andere Teile der Bevölkerung von sich selbst ablenken wollen. – Ein Kommentar von Paul Gerber

    Die Spaltung ist überhaupt das Grundkonzept von Lindners Rede bei den Bauernprotesten am Brandenburger Tor in Berlin. So versucht er gleich zu Beginn – in der vergeblichen Hoffnung, dass die Buh- und „Hau ab“-Rufe dadurch etwas leiser würden – zu punkten, indem er die Klimaaktivist:innen aus dem Umfeld der Letzten Generation dafür verurteilt, dass sie das von Lindner scheinbar heiß geliebte „Wahrzeichen der Nation“ – das Brandenburger Tor – mit Farbe besprüht haben.

    Daraus, dass so etwas bei der Aktion des Bauernverbandes am 15. Januar nicht passiert ist, schlussfolgert er, man solle in Zukunft lieber ein genaueres Auge auf die „Linksextremist:innen“ in der Klimabewegung werfen, als die Bauernproteste unter Verdacht zu stellen.

    Natürlich sind die Bauernproteste weit davon entfernt, eine reine Wahlkampfveranstaltung für die faschistische AfD oder eine bloße Spielwiese für noch radikalere Anhäger:innen des Nationalsozialismus zu sein. Fakt ist aber, dass sich diese Kräfte sehr stark bemühen, in diesen Protesten Einfluss zu nehmen. Das weiß auch Lindner. Er ignoriert es aber bewusst beziehungsweise lenkt davon ab, indem er betont, der Feind stehe links.

    Schon ab diesem Punkt beginnt der FDP-gelbe Faden in der Rede des Finanzministers, mit der er ganz klar versucht, durch rechte Positionen die Bäuer:innen auf seine Seite zu ziehen.

    Hetze gegen Arbeitslose und Geflüchtete

    Darauf folgen einige „rührende“ Anekdoten darüber, wie Lindner seinen Pferdestall ausmistet und angeblich als kleiner Junge das Landleben kennengelernt haben will. Aber auch diese Passage seiner Rede wird mit lautem Pfeifen quittiert, genau wie der Rest seiner 18-minütigen Rede. Wahrscheinlich will das Publikum instinktiv nicht hinnehmen, dass jemand, der schon als Schüler ein abgehobener und arroganter Schnösel war, so tut, als würde er verstehen, wie es ihnen geht.

    Der demagogische Höhepunkt seiner Rede ist dann der Verweis darauf, dass nun mal alle einen Beitrag leisten müssten und die Bäuer:innen nicht die einzigen seien. Als Beleg führt er dann an, dass er höchstpersönlich den Neubau seines schönen Finanzministeriums gestoppt habe und er und seine Untergebenen nun „enger zusammenrücken“ müssten. Die Frechheit ist schon bemerkenswert: Die Existenzängste vieler kleiner Bäuer:innen werden damit verglichen, dass extrem gut und vor allem auf Lebenszeit sicher bezahlte Beamte im Finanzministerium erst später ihre schönen, neuen und geräumigeren Büroräume bekommen.

    Kombiniert wird das Ganze mit einer nicht weniger fiesen Masche: mit der Hetze auf Arbeitslose. Lindner verweist darauf, dass auch hier Kürzungen vorgenommen worden sind.

    „Es ärgert mich, dass ich vor Ihnen als dem fleißigen Mittelstand über Kürzungen sprechen muss, während auf der anderen Seite in diesem Land Menschen Geld bekommen fürs Nichtstun. Sozialreformen sind schwer, aber auch da müssen wir ran. Deshalb kürzen wir die Leistungen für Asylbewerber. Deshalb sparen wir eine Milliarde Euro beim Bürgergeld. Denn wir dürfen es nicht länger tolerieren, wenn Menschen sich weigern, für ihr Geld zu arbeiten.“

    Auch kommt durch die schamlose Unterstellung, dass Bezieher:innen von Bürgergeld „Geld fürs Nichtstun“ bekommen vor allem eins zum Ausdruck: Lindners Verachtung für sein eigenes Publikum. Der Finanzminister ist scheinbar sicher, dass er Tausende von wütenden Bäuer:innen mit Verweis auf Kürzungen bei den Menschen, die er selber nur für Schmarotzer hält, beschwichtigen könnte.

    Wie kann eine Antwort auf Lindners Hetze aussehen?

    Es bleibt die Frage, wie eine politische Antwort auf Lindners Hetze aussehen könnte. Politisch würden die Proteste gegen die Kürzungen der Bundesregierung wohl am meisten an Fahrt aufnehmen, wenn genau das passieren würde, was der Finanzminister verhindern will: Diejenigen, die von den Kürzungen betroffen sind, täten sich zusammen und wehrten sich, anstatt sich gegeneinander ausspielen zu lassen.

    Dazu scheint aber bisher wenig Bereitschaft vorhanden zu sein, zumindest nicht in den Führungsetagen des Bauernverbands, der bisher weitgehend allein mit anderen landwirtschaftlichen Organisationen agiert. Ebenso meiden aber die Sozialverbände offenbar ihrerseits den Kontakt zu den Bäuer:innen. Auch wir Sozialist:innen sollten es als unsere Aufgabe ansehen, eine Verbindung zu den Protesten aufzubauen, um Lindners plumpe Parolen als das zu entlarven, was sie sind: Ein billiger Versuch, die eigenen Wähler:innen gegeneinander auszuspielen.

    • Paul Gerber schreibt von Anfang bei Perspektive mit. Perspektive bietet ihm die Möglichkeit, dem Propagandafeuerwerk der herrschenden Klasse in diesem Land vom Standpunkt der Arbeiter:innenklasse aus etwas entgegenzusetzen. Lebensmotto: "Ich suche nicht nach Fehlern, sondern nach Lösungen." (Henry Ford)

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