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Sonntag, April 28, 2024
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    Ausbeutung und Schikane im Namen des digitalen Wandels

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    Lohnbetrug, Hunger, Schläge, Menschenhandel – in der Glasfaser-Branche kamen in den letzten Tagen immer mehr Fälle ans Licht, in denen Arbeiter:innen von Sub-Unternehmern deutscher Telekommunikationskonzerne massiv ausgebeutet wurden. Gewerkschafter:innen fordern die Unternehmen zu mehr Eigenverantwortung auf.

    Durch Recherchen des ARD-Fernsehformats „Report Mainz“ sind die unzumutbaren Bedingungen für Glasfaser-Arbeiter:innen öffentlich geworden: Ausbleibender Lohn, Verweigerung von Krankenversicherung durch die Unternehmen sowie sofortige Kündigung und sogar Schläge beim Einfordern von ausbleibenden Zahlungen – Sub- und Sub-Sub-Unternehmen, die von den großen Telekommunikationskonzernen mit dem Ausbau des Glasfasernetzes beauftragt wurden, nutzen jede Möglichkeit aus, um die Kosten für die Konzerne so gering wie möglich zu halten.

    Die Unternehmen gehen dabei sogar so weit, die vorwiegend migrantischen Arbeiter:innen in ihren Unterkünften nach 16-stündigen Arbeitstagen hungern zu lassen. Die Reportage, die derzeit noch in der ARD-Mediathek abrufbar ist, offenbart eindrücklich die systematische Unterdrückungsmaschinerie, die in Deutschland das Fundament für den digitalen Wandel aufbauen soll.

    Vorsichtige Kritik von gewerkschaftlicher Seite

    Gewerkschaftsfunktionär:innen finden auf diese Enthüllungen indes nur unzureichende Antworten. So appellierte Carsten Burckhardt, Mitglied des Bundesvorstands der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), an das soziale Bewusstsein und die Verantwortung der Konzerne: “Damit kann man als Deutsche Telekom, Vodafone – oder welches Telekom-Unternehmen auch immer – nicht zufrieden mit sein. Man will doch auch Werte vermitteln”.

    Burckhardt führte weiter aus, dass die Unternehmen selbst in der Pflicht seien, auf gute Arbeitsbedingungen für die von ihnen angestellten Arbeiter:innen zu achten: „Die großen Auftraggeber müssen darauf achten, dass diejenigen, die Glasfaserkabel verlegen, vom Fach sind und ordentliche Arbeitsbedingungen vorfinden”. Über den Grad der gewerkschaftlichen Organisierung der Glasfaser-Arbeiter:innen und zu geplanten Aktionen oder Streiks gegen die schlechten Arbeitsbedingungen machte die IG BAU bisher keine Angaben.

    Glasfaserausbau hat strategische Bedeutung für den deutschen Imperialismus

    Dem Ausbau des Glasfasernetzes kommt vor allem im Rahmen des großen Umbaus der deutschen Wirtschaftsinfrastruktur in den letzten Jahren eine große Bedeutung zu: Nur mit einem qualitativ hochwertigen Glasfasernetz wird beispielsweise das  sogenannte „Internet der Dinge“ oder eine intelligente Steuerung von Strom-, Gas- und Wassernetzen erreicht werden können.

    Das Wirtschaftsberatungsunternehmen “Pricewaterhouse Coopers” nennt das Internet der Dinge in diesem Zusammenhang eine Zukunftstechnologie, die neue „Wertschöpfungsmöglichkeiten“ schaffe. Gemeint ist damit, dass durch die permanente digitale Verbindung und sensorische Steuerung von Geräten neue Profit-Möglichkeiten für kapitalistische Konzerne entstehen. Dementsprechend spekulieren Kapitalist:innen bereits auf 773 Milliarden Euro mehr an Brutto-Wertschöpfung, die sich laut Schätzungen durch den Glasfaserausbau generieren ließen.

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