Die AfD gibt sich gerne als Partei, die für die „kleinen Leute“ und gegen das „Establishment“ ist. Aber wem nützt ihre Politik wirklich? – Ein Kommentar von Alex Lehmann.
Am Dienstag reichte die AfD-Fraktion im Bundestag einen Antrag zum Umbau des Bürgergelds und anderer Sozialhilfen ein: „Soziale Mindestsicherung effektiv organisieren – Bürgergeld auf Arbeitsvermittlung fokussieren“.
Angesichts der vielen Langzeitarbeitslosen und Bürgergeldempfänger:innen und zum Wohl der deutschen Wirtschaft müsse man einen politischen Fokus auf die Gewinnung „endogener Arbeitskraftpotentiale“ legen.
Hartes Vorgehen gegen Arbeitssuchende
Um das zu erreichen, sollen das Bürgergeld und weitere Sozialhilfen durch „Arbeitssuchenden-Hilfe“ und „Sozialhilfe-Neu“ ersetzt werden. Der Grundgedanke: Wer zu lang und ohne „guten Grund“ arbeitslos ist, soll hart sanktioniert und so auf den Arbeitsmarkt gezwungen werden.
Als Qualifikation für die „Sozialhilfe-Neu“ soll nachgewiesen werden müssen, dass man durch Krankheit, die Pflege von Angehörigen oder das Erziehen von Kindern über sechs Monate daran gehindert ist, einen Job auszuüben, mit dem sich das eigene Leben finanzieren lässt. In diesen Fällen soll die „Sozialhilfe-Neu“ gezahlt werden.
Und was, wenn diese Kriterien nicht zutreffen? Dann soll es eine sechsmonatige „Karenzzeit“ geben, in der die „Arbeitssuchenden-Hilfe“ bezogen werden kann. Wer es bis dahin nicht schafft, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren, soll zu 15 Stunden „Bürgerarbeit“ in der Woche verpflichtet werden. Dazu soll eine ganze Palette an Sanktionsmöglichkeiten kommen. Unter anderem soll auch geprüft werden, ob es möglich ist, Menschen, die länger ohne Arbeit bleiben, ihre PKWs oder andere Kraftfahrzeuge zu entziehen.
Die AfD will also hart gegen Arbeitslose vorgehen, um so die deutsche Wirtschaft anzukurbeln. Über die grundlegenden Ursachen für Arbeitslosigkeit macht sie sich keine Gedanken. Stattdessen wird alles auf die vermeintliche Faulheit der Arbeitslosen geschoben.
Wer profitiert von der Politik der AfD?
Klar ist also schon einmal, wer nicht von der Politik der „Partei der kleinen Leute“ profitiert: Arbeitslose. Aber wer ist dann gemeint mit den „kleinen Leuten”? Arbeiter:innen? Eine Berechnung vom Leibniz-Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung Mannheim (ZEW), gibt eine Antwort auf die Frage.
In ihrer Analyse haben die Wissenschaftler:innen des ZEW anhand der Wahlprogramme zur Bundestagswahl 2021 errechnet, wie hoch der steuerliche Vor- oder Nachteil für einzelne Einkommensgruppen bei deren Umsetzung ausfallen würde.
Die Ergebnisse zur AfD zeigen klar, dass in Wirklichkeit nur die Reichen von ihrer Politik profitieren würden. Wer ein Jahreseinkommen bis zu 55.000 Euro verdient, hätte maximal 0,84 Prozent mehr Geld zur Verfügung als bisher. Bei einem Jahreseinkommen zwischen 150.000 – 250.000 Euro wären es satte 7,52 Prozent.
Alternative für den Kapitalismus!
Aber viel mehr als von den 7,52 Prozent mehr Jahreseinkommen würden die Kapitalist:innen davon profitieren, dass die AfD den Gegensatz zwischen ihnen und den Arbeiter:innen, den Ausgebeuteten oder Unterdrückten verschleiert. An die Stelle des Klassenkampfes, also dem Kampf zwischen Kapitalist:innen und Arbeiter:innen, setzt sie einen „solidarischen Patriotismus“. Die Grenze verläuft nach ihrem faschistischen Weltbild nicht zwischen Arm und Reich, sondern zwischen dem „deutschen Volk“ und allen anderen.
Sie hetzen gegen Migrant:innen, LGBTI+- Personen, Jüd:innen, Muslime und nicht zuletzt gegen Arbeitslose, damit wir einander zerfleischen. Sie treten nicht für „die kleinen Leute“ an, sondern mit dem Ziel zu verhindern, dass sich eben diese „kleinen Leute“ zusammenschließen und gegen ihre Ausbeutung und Unterdrückung kämpfen.