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Samstag, April 27, 2024
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    Wehrbericht: Anstieg sexueller Übergriffe in der Bundeswehr

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    Der Wehrbericht für das Jahr 2023 ist da und verzeichnet einen weiteren Anstieg sexueller Übergriffe in der Bundeswehr. – Ein Kommentar von Olga Goldman

    Im Berichtsjahr belief sich die Anzahl an meldepflichtigen Ereignissen wegen des Verdachts auf Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung auf 385 Fälle. Das sind 28 Ereignisse mehr als im Jahr 2022. Das Spektrum reiche von verbalen Belästigungen oder – wie die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD) es nennt – von einem „blöden Witz, der kein blöder Witz ist“, bis hin zur Vergewaltigung. Högl geht von einer hohen Dunkelziffer aus. Die Betroffenen seien vor allem Frauen, und viele würden sich scheuen, Vorfälle anzuzeigen, da sie dienstliche Nachteile befürchten. Laut Bericht spiele Alkohol eine gravierende Rolle bei einer Vielzahl der gemeldeten Vorfälle.

    Zur Frage, wie man diesem Trend entgegenwirken kann, verweist der Bericht auf die Dienstvorschrift „Umgang mit Sexualität und sexualisiertem Fehlverhalten“, die bereits im September letzten Jahres in Kraft gesetzt wurde. Diese Vorschrift erklärt den Betroffenenschutz zur Führungsaufgabe. Demnach soll im Fall eines Verdachts auf sexualisiertes Fehlverhalten die betroffene Person geschützt und „besonders aufmerksam, sensibel und diskret“ ermittelt werden.

    Bewertung des Wehrberichts

    Diese Zahlen sind abermals ein deutlicher Beweis dafür, dass ein Geschlechtergleichgewicht im Militär der wirklichen Befreiung der Frau keinen Schritt näher kommt. Politikerinnen wie Högl sehen eine „feministische Wehrhaftigkeit“ als erstrebenswert und progressiv an und beklagen den prozentualen Rückgang von Bewerbungen von Frauen für die Bundeswehr von 17,8 Prozent im Jahr 2022 auf 16,7 Prozent im Jahr 2023.

    Ob Soldat oder Soldatin – dieser Beruf verlangt von jedem, zum verlängerten Arm eines imperialistischen Staats zu werden und die Interessen der herrschenden Klasse zu vertreten. Das ist das Gegenteil von Fortschritt. Die bewaffneten Streitkräfte sind der Hammer, mit dem der Staat jeden Widerstand der Arbeiter:innenklasse zu zerschlagen versucht. Zudem ist die Bundeswehr ein patriarchaler Raum, in dem Frauen sich nur dann in Machtpositionen etablieren können, wenn sie geschlechtsspezifisch männliche Eigenschaften verkörpern, wie zum Beispiel körperliche Stärke, emotionale Distanz oder Dominanz.

    Jugendoffiziere sollen in die Schulen

    Obwohl die Zahlen sexueller Übergriffe und rechtsextremen Verhaltens in der Bundeswehr steigen, sprach sich Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger erst vor kurzem für das verstärkte Auftreten von Jugendoffizieren der Bundeswehr an Schulen aus. Domit solle die Jugend besser auf den Kriegsfall, Pandemien und Naturkatastrophen vorbereitet werden. Dieser Vorschlag diene dem „Zivilschutz“ und der „Stärkung der Widerstandsfähigkeit“, ist aber letztendlich nichts anderes als ein weiterer Versuch der Bundeswehr, größeren Einfluss in Schulen zu gewinnen und mehr junge Menschen für ihre Zwecke zu rekrutieren.

    Die Bundeswehr ist keine fortschrittliche Institution – im Gegenteil. Jugendoffiziere anstelle von pädagogischem Fachpersonal mit den Sorgen und Ängsten junger Menschen zu betrauen, ist die Verteilung staatlicher Mittel im Sinne eines aufrüstenden Staates, nicht im Sinne der Schüler:innen.

    In der Internationalen Jugend schaffen Schüler:innen einen Gegenentwurf und organisieren sich gegen die Aufrüstung, die auch an den Schulen spürbar werde: „In den Unterrichtsbesuchen wird die Bundeswehr dann als Top-Arbeitgeber und politisch neutraler Garant für ein sicheres Leben angepriesen. Nazi-Netzwerke, die Missbrauchs-Kultur und Ereignisse wie das Kunduz-Massaker finden in dieser „neutralen“ Darstellung natürlich keinen Platz. Stattdessen wird ordentlich nationalistische Propaganda betrieben und dazu aufgefordert, die „deutschen Werte“ auch mit der Waffe zu verteidigen.”.

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