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Montag, April 29, 2024
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    Die deutsche Brigade in Litauen und ihre Rolle bei der Militarisierung des Baltikums

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    Die Bemühungen, eine NATO-Brigade unter deutschem Kommando in Litauen aufzustellen, nehmen konkrete Formen an. Dies ist jedoch nur ein Element der Kriegsvorbereitungen auf dem Baltikum.

    Am vergangenen Montag, 8.4., hat die Bundeswehr feierlich den Abschied weiterer Bundeswehrsoldat:innen gefeiert. Diese sind im Abschluss nach Litauen abgereist, wo sie an zwei Standorten an den Vorbereitungen für die Aufstellung einer Brigade unter deutscher Führung arbeiten sollen.

    Eine „Brigade” ist ein militärischer Verband, der verschiedene Waffengattungen vereinigt und selbstständig dazu in der Lage sein soll, in einem bestimmten Gebiet Krieg zu führen. Die Rhetorik der deutschen und litauischen Politik betont dabei, dass es um Abschreckung gegen Russland gehe und man bereit sei, „jeden Zentimeter“ des Bündnisterritoriums zu verteidigen.

    Nüchterner ausgedrückt zielt die Präsenz der Brigade in Litauen darauf ab, im Falle eines Kriegs mit Russland sofort gegenhalten zu können. Zentral ist dabei die sogenannte „Suwalki-Lücke”. Das ist der schmale Streifen an der Grenze zwischen Litauen und Polen, über den einerseits die einzige Landverbindung zwischen der russischen Exklave Kaliningrad und dem russischen beziehungsweise belarussischen Territorium besteht.

    Aber auch die NATO misst der Verteidigung dieses Gebiets große Bedeutung bei, weil es zugleich die einzige Landverbindung zwischen den NATO-Mitgliedsstaaten in West- und Mitteleuropa und dem Baltikum, also Litauen, Lettland und Estland darstellt. Der Krieg um dieses Gebiet ist also schon jetzt als Schauplatz heftiger Gefechte für den Fall eines offenen Kriegs zwischen Russland und NATO festgelegt, denn die Kontrolle darüber erleichtert auch die Kontrolle des ganzen Baltikums erheblich.

    Versorgungsprobleme in Deutschland und Litauen

    Zugleich betonen die verantwortlichen Soldat:innen bei der Bundeswehr immer wieder, dass noch erhebliche „Aufgaben“ zu erfüllen seien, bis die Brigade mit insgesamt 4.800 Soldat:innen und 200 Zivilist:innen funktionsfähig ist.

    Hierbei steht Kritik an der angeblich mangelnden Ausstattung der Bundeswehr im Vordergrund. So ist die Rede davon, dass die Bundeswehr die modernen Panzer, mit denen in Litauen Krieg geübt werden soll, aus anderen Teilen der Truppe „ausschwitzen“ müsse. Konkret wird hiermit beschrieben, dass die gewünschten Waffensysteme aus der ganzen Bundeswehr zusammengeklaubt werden.

    Auch für Litauen selbst stellt das Projekt eine große finanzielle Belastung dar: Die Gesamtausgaben für den dauerhaften Betrieb und die Versorgung der Brigade sollen für die nächsten Jahre bei 800 Millionen Euro liegen. Dabei sind die Kosten für Waffen, Material und den Sold der Soldat:innen nicht berücksichtigt.

    Litauen: Deutschland will 4.000 Soldat:innen im Baltikum stationieren

    Vielmehr werden Kasernen, internationale Schulen und eine eigene Infrastruktur für die deutschen Soldat:innen und ihre Familien geschaffen. Es handelt sich seit ungefähr einem Jahrhundert überhaupt zum ersten Mal um eine dauerhafte Stationierung eines großen deutschen Kampfverbands außerhalb des eigenen Landes – zumindest in Friedenszeiten.

    Militarisierung auf dem Baltikum

    Der Schritt der Bundeswehr, der unverhohlen als Maßnahme der Abschreckung und Kriegsvorbereitung gegen Russland gefeiert wird, steht dabei nicht alleine in Litauen. Auch wenn die materiellen Möglichkeiten des Landes im Vergleich zu Deutschland begrenzt sind, ist die Militarisierung dort bereits im vollen Gange.

    Seit 2015 wurden schrittweise verschiedene Formen des Militärdienstes eingeführt, um die litauischen Streitkräfte auszubauen. Ähnlich wie es momentan für Deutschland diskutiert wird, werden dort schon seit 2015 ganze Jahrgänge gemustert, aber nur ein Teil von ihnen wird für den neunmonatigen Militärdienst eingezogen. Auch das Höchstalter für diesen Militärdienst wurde jüngst per Gesetz von 21 auf 23 Jahre erhöht. Mit 1,77 Milliarden Euro lag Litauens Verteidigungshaushalt im Jahr 2023 bei 2,52 Prozent, also relativ gesehen deutlich über den Ausgaben Deutschlands.

    Damit steht Litauen nicht allein: Auch im Nachbarland Lettland kündigte das neue NATO-Mitglied Schweden erst im Januar 2024 an, dauerhaft 800 Soldat:innen dort stationieren zu wollen. Gemeinsam mit kanadischen NATO-Truppen sollen sie dort perspektivisch eine ähnliche Funktion wie die Bundeswehrbrigade in Litauen erfüllen. Zu den Maßnahmen des Landes zählt außerdem die Einführung des Unterrichtsfachs „Nationale Verteidigung“ und die Verbannung von russischsprachigen Inhalten aus den Medien. Dabei stellen von ihrer Herkunft her Russ:innen etwa 25 Prozent der Bevölkerung des Landes.

     

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