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Zeitung für Solidarität und Widerstand

Arbeitslose: Solidarischer Klassenkampf statt Hetze

Nicht zum ersten Mal ist Arbeitslosigkeit ein beliebtes Thema bei deutschen Politiker:innen. Und auch diesmal geht es vor allem um eines: Wie kann man Menschen in einer prekären Situation noch weiter piesacken? Warum verschärft die Bundesregierung die Sanktionen beim Bürgergeld und welche Funktion erfüllt die Hetze gegen Arbeitslose? – Ein Kommentar von Herbert Scholle.

Die Lage für Arbeitslose in Deutschland ist schon seit langem prekär, doch mit dem Beginn diesen Jahres startete eine neue Kampagne gegen sie. Nicht nur hagelt es aus den deutschen Medien Hetze, die Parlamentsparteien machen sich diese auch gehörig zu Nutze.

Allen voran geht dabei natürlich die Bundesregierung, die mit ihrer Gesetzesänderung die vollständige Streichung des Bürgergelds ermöglichte. Dieser Schritt war wenig überraschend, insbesondere was die FDP betrifft, der diese Einschnitte offensichtlich noch nicht weit genug gehen. Auch die SPD erfüllt damit die Erwartungen, schließlich hat sie ja spätestens mit der „Agenda 2010“ eine führende Rolle in der Hetze gegenüber Arbeitslosen übernommen.

Besonders interessant ist hierbei die rasante Rechtsbewegung der Grünen zu beobachten: Ende 2022 führten sie die Ampelregierung noch stolz bei der Einführung des ach-so-innovativen Bürgergelds an und beschwerten sich über die übermäßigen Sanktionen, welche die CDU/CSU forderte. Nun drücken sie diese selbst durch.

Wenig erstaunlich machen dabei natürlich auch die Parteien rechts von der Ampelkoalition angeregt mit: So schlug die CDU vor kurzem ein neues Konzept der „Grundsicherung“ vor, das Sanktionen noch weiter verschärfen und Leistungen noch weiter kürzen soll. Selbst Die Linke, die einzige Parlamentspartei, die sich gegen diese Maßnahmen positioniert, argumentiert hauptsächlich damit, dass die Sanktionen verfassungswidrig sind.

Um es also zusammenzufassen: Bei den Herrschenden gibt es große Einigkeit darüber, dass man alles tun müsse, um Arbeitslose unter Kontrolle und zur Arbeit zu bringen, egal was das für sie bedeutet. Doch woran liegt das?

Warum die Scharfmacherei und die Maßnahmen?

Zunächst muss man sich ins Gedächtnis rufen, dass Politiker:innen im herrschenden System, dem Kapitalismus, die Interessen der Großunternehmen und Kapitalist:innen vertreten. Für diese stellt eine immer höher steigende Zahl an Arbeitslosen in der jetzigen Situation ein großes Problem dar. Denn es herrscht bereits jetzt ein starker Fachkräftemangel.

Mit anderen Worten: Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist hoch, und je mehr Arbeitslose es gibt, umso geringer ist das Angebot. Dementsprechend befinden sich Arbeiter:innen, die in Lohnarbeit sind, in einer gewissen Druckposition gegenüber den Chef:innen. Dies sorgt unter anderem dafür, dass vor allem den Fachkräften höhere Gehälter gezahlt werden müssen und der Profit sinkt.

Für Arbeitslose nur Hartz und Hetze

Die Einschnitte in die Grundsicherung sollen nun also dafür sorgen, dass Unternehmen während der derzeit herrschenden Wirtschaftskrise genügend Arbeitskräfte zu billigem Preis zur Verfügung stehen. Denn was bleibt Arbeiter:innen am Ende anderes übrig, als schlecht bezahlte Drecksarbeit zu akzeptieren – für die man häufig noch völlig überqualifiziert ist –, wenn die Alternative die Streichung der Grundsicherung ist?

Eine weitere Auswirkung der Einschnitte ist die Abschreckung. Mit ihren Maßnahmen sendet die Regierung eine klare Botschaft an alle Arbeiter:innen: „Akzeptiert bloß all eure schlechten Löhne und Arbeitsbedingungen, sonst geht es euch bald richtig schlecht“. Außerdem trägt die Hetze der deutschen Medien erheblich zur Spaltung der Arbeiter:innenklasse bei.

Gemeinsam als Klasse kämpfen

Damit zeigt sich aber auch ganz klar: die Interessen der Arbeitslosen sind gleichzeitig die Interessen aller Arbeiter:innen. Für diese Interessen müssen wir dementsprechend auch gemeinsam kämpfen. Das wird auch bitter nötig sein, denn laut einem Bericht des Instituts der deutschen Wirtschaft ist auch weiterhin mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit zu rechnen.

Statt uns also allein durch immer neue Gesetze in immer schlechtere Arbeitsverhältnisse zu immer schlechteren Löhnen zwingen zu lassen, sollten wir unsere gemeinsame Stärke erkennen und nutzen: Denn die Kapitalist:innen sind auf uns Arbeiter:innen angewiesen und nicht anders herum.

In diesem Sinne: Lasst uns am 1. Mai gemeinsam als Teil der Arbeiter:innenklasse auf die Straße gehen – egal ob beschäftigt oder arbeitslos! Wenn wir zusammen für unsere gemeinsamen Interessen kämpfen, können wir tatsächlich Druck ausüben und Erfolge erkämpfen!

Herbert Scholle
Herbert Scholle
Perspektive-Autor seit 2023 und -Redakteur seit 2024. Der Berliner Student schreibt besonders gern über Arbeitskämpfe und die Tricks der kapitalistischen Propaganda. Er interessiert sich außerdem für Technologie und Fußball sowie deren gesellschaftliche Auswirkungen.

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