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Freitag, September 13, 2024
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    Massenproteste in Indonesien verhindern Wahlrechtsänderung

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    Jakarta: Ein Versuch der Regierung, Entscheidungen des obersten Gerichts zum Wahlrecht per Eilantrag zurückzunehmen, führte am Donnerstag zu Massendemonstrationen. Durch die Blockade des Parlaments gelang es den Protestierenden, die Regierenden zum Abbruch des Vorhabens zu zwingen.

    Am Dienstag lehnte das indonesische Verfassungsgericht die Herabsetzung einer Altersgrenze ab, die es Personen unter 30 Jahre verbietet, für regionale Gouverneursposten zu kandidieren. Dies hindert im Moment den jüngsten Sohn des aktuellen Regierungschefs Joko Widodo, Kaeseng Pangarep (29), daran, bei den Regionalwahlen in Zentraljava zu kandidieren. Außerdem entschied das Gericht, dass Parteien nicht mehr mindestens 20 Prozent der Sitze in ihren Regionalversammlungen benötigen, um Kandidat:innen aufstellen zu können. Das vereinfacht gerade kleineren Parteien nun, eigene Bewerber:innen für die kommenden Regionalwahlen aufzustellen.

    Die Regierenden reagierten schnell auf das Urteil: Innerhalb von 24 Stunden verabschiedete das Parlament einen Dringlichkeitsantrag, um die Entscheidungen des Gerichts am darauf folgenden Donnerstag per Gesetz zurückzunehmen.

    Protest zwingt Parlament zum Stopp der Gesetzesänderung

    Die Pläne der Regierung sorgten allerdings für weitreichende Empörung in der indonesischen Bevölkerung: Demonstrierende versammelten sich in der Hauptstadt Jakarta sowie anderen Städten wie Padang, Bandung und Yogyakarta. Sie forderten die Ablehnung des Dringlichkeitsantrags, stattdessen das Urteil des Verfassungsgerichts zu respektieren und verurteilten politische Dynastien.

    Allein in Jakarta stürmten zehntausende Demonstrant:innen die Straßen, riefen Parolen gegen Widodo und blockierten die Straßen vor dem Parlamentsgebäude. Einige Protestierende rissen Teile des Zauns um das Gebäude nieder und versuchten, das Parlament zu stürmen. Die Polizei wiederum griff die Protestierenden mit Tränengas und Wasserwerfern an.

    Durch die Blockade des Parlaments erreichte dieses nicht die nötige Beschlussfähigkeit, und das Gesetzesvorhaben für Donnerstag wurde abgesagt. Ein Sprecher des Parlaments gab später bekannt, dass die Gesetzesänderung in dieser Wahlperiode nicht mehr vorgenommen werde.

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    Vorwürfe der Vetternwirtschaft

    Die aktuellen Proteste werfen Widodo unter anderem Vetternwirtschaft vor und, dass er eine politische Dynastie installieren wolle. Erst vor einigen Monaten war Widodos ältester Sohn, Gibran Rakabuming Raka (36), zum Vizepräsidenten ernannt worden. Hier hatte im Oktober 2023 das selbe oberste Gericht die Altersgrenze für das Amt des Vizepräsidenten herabgesetzt, um die Wahl von Gibran zu ermöglichen. Oberster Richter war damals Widodos Schwager, Anwar Usman. Dieser wurde später wegen seiner Beteiligung in einem Fall mit einem engen Verwandten heftig kritisiert und musste seinen Posten im obersten Gericht räumen.

    Widodo selbst trat 2019 seine zweite Amtszeit als Präsident Indonesiens an. Nachdem diese im Oktober diesen Jahres endet, kann er nicht noch einmal zur Wahl antreten. Gerade in diesem Kontext verstehen viele Protestierende den Versuch der Gesetzesänderung als weiteren Schritt zur Sicherung einer politischen Familien-Dynastie.

    Joko Anwar, ein Demonstrant, kritisierte das Vorhaben entschieden und mutmaßt, dass die Führer des Landes darauf bedacht zu sein schienen, sich selbst an der Macht zu halten. Gegenüber der BBC sagte er: „Irgendwann werden wir nur noch eine machtlose Masse von Objekten sein, obwohl wir es sind, die ihnen die Macht gegeben haben“, und weiter: „Wir müssen auf die Straße gehen. Wir haben keine andere Wahl“.

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