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Montag, September 16, 2024
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    Von Studierendenprotesten in Bangladesch bis zu Generalstreiks in Nigeria: Hoffnung stiftende internationale Proteste

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    Während es weltweit zu Krisen, Kriegen und politischen Angriffen kommt, gibt es ebenso unübersehbare Proteste dagegen. Gerade in Afrika und Asien erheben sich junge Leute, die uns zeigen: Der Kampf gegen die Unterdrückung lohnt sich und ist gerechtfertigt. – Ein Kommentar von Marc Bremer.

    Die Ereignisse überschlagen sich“, Die Verhältnisse spitzen sich zu” – solche oder ähnliche Aussagen hören wir zurzeit immer öfter. Ob in der Tagesschau, auf Social Media und auch in der Schule oder auf der Arbeit. Dabei geht es oft um sehr viele verschiedene Ereignisse: Seien es hier in Deutschland der Aufstieg der Faschist:innen in Gestalt der AfD oder die steigenden Mieten und Lebensmittelpreise, oder international der Genozid in Gaza, der Krieg in der Ukraine, die Hungersnot im Sudan. Diese Liste ließe sich noch lange weiterführen. Auffällig ist dabei, dass all diese Nachrichten kein gutes Bild auf die Zukunft werfen. Im Gegenteil: es wirkt eher so, als würde sich die weltweite Situation stetig verschlimmern und wir stünden dem Ganzen machtlos gegenüber.

    Schaut man sich zum Beispiel die Situation im Sudan an, dann ist es zunächst allzu verständlich, wenn Menschen in Weltschmerz und Hoffnungslosigkeit verfallen. Es ergibt ja keinen Sinn, diese negativen Entwicklungen zu leugnen. Trotzdem sind wir nicht ganz so machtlos, wie wir uns oft fühlen. Aktuell sind es verschiedene internationale Proteste, die ermutigen können.

    Studierendenproteste in Bangladesch

    Als vielleicht bekanntestes Beispiel von hoffnungsgebendem Protest dieses Jahr wollen wir einen Blick nach Bangladesch werfen: Dort begannen im Juni Studierende, gegen ein neues Gesetz zu protestieren, das die öffentlichen Jobs durch starke Quoten regeln wollte. Profitiert hätte von diesen Quoten vor allem die eingesessene Elite der Familien der Unabhängigkeitskämpfer:innen, die sowieso schon viele Privilegien genießen. Im Laufe der Proteste stellte sich heraus, dass es um viel mehr ging als um die Quotenregel: Korruption der Herrschenden, steigende Preise und soziale Ungleichheit, verschärfte Repressionen und autoritäre Maßnahmen der Regierung waren an der Tagesordnung. All das wurde immer deutlicher zum Anlass und Ziel des Widerstands.

    So wundert es auch nicht, dass die Proteste weitergingen, ja sogar an Fahrt aufnahmen, selbst als das umstrittene Gesetz schon gestrichen war. Trotz der zahlreichen Repressionen und des brutalen Einsatzes durch Militär und Polizei (mit über 300 Toten!) ließen sich die vorrangig jungen Menschen nicht zurückdrängen. Der Druck wurde so groß, dass Premierministerin Sheikh Hasina ihren Posten aufgeben und mit einem Helikopter fliehen musste. Die Flucht der Regierungschefin – bekannt für ihr brutales Vorgehen und die Unterdrückung der Opposition – wurde von vielen, besonders den jungen Menschen auf den Straßen als großer Sieg gefeiert.

    Es ist beeindruckend, wie und was sich eine spontane Bewegung ohne Führung erkämpfen konnte. Und es scheint noch nicht vorbei zu sein: Nach dem Einsetzen des Nobelpreisträgers Dr. Muhammad Yunus sind die Protestierenden gespalten. Während sich einige daran versuchen, die Ordnung wieder herzustellen, gibt es weiterhin Proteste und die Forderung nach der Umgestaltung des gesamten korrupten Regierungsapparats mit der Hoffnung auf ein freies gerechtes Bangladesch.

    Massenproteste in Kenia

    Auch in Kenia sind seit dem Juni große Proteste ausgebrochen, und auch hier sehen wir ähnliche Muster: So entfachte sich das Feuer der Proteste zwar an einer Steuererhöhung, welche die Regierung durchsetzen wollte, doch hat es sich nun ausgeweitet und richtet sich immer stärker gegen die Regierung selbst. Die arbeitende Bevölkerung Kenias protestiert vor allem gegen die alltägliche Korruption und soziale Ungleichheit, aber auch gegen das politische System im Ganzen.

    Neben der Regierung geraten so auch die internationalen imperialistischen Konzerne und Finanzinstrumente z.B. des Internationalen Währungsfonds (IWF) immer stärker in den Blick der kämpferischen Proteste. Ähnlich wie in Bangladesch versucht auch hier die Regierung, die Proteste durch brutale Repressionen oder durch Rücknahme der Steuergesetze klein zu halten. Doch zeigt sich auch hier, dass sich die Menschen weder von Zuckerbrot noch Peitsche abbringen lassen, für ihre Zukunft zu kämpfen.

    Generalstreiks in Nigeria

    Auf der westlichen Seite des afrikanischen Kontinents, in Nigeria, sehen wir derzeit ein ganz ähnliches Bild: Armut in der Breite der Bevölkerung und Hass auf „die da oben”, die sich durch Korruption bereichern. Auslöser der Proteste waren die rapiden Preisanhebungen für Lebensmittel, Treibstoff und Strom infolge von Subventionskürzungen. Von der Wirtschaftspolitik profitieren dabei nur die großen internationalen Konzerne, die sehr billig in die vielen Rohstoffe des Landes investieren können – mittendrin die USA als größter ausländischer Investor und als tonangebende Nation beim Internationalen Währungsfonds (IWF).

    Was bleibt also den Menschen in Nigeria? Nichts – außer Protest und Widerstand gegen die Eliten der Banken und Konzerne: Es kam wiederholt zum Generalstreik, der das ganze Land stilllegte und mächtig Druck auf die Kapitalist:innen ausübte. Hier kann man einmal mehr sehen: es sind wir Arbeiter:innen, die die Betriebe und das Land am Laufen halten, die letztendlich für die Produktion und die Profite der Reichen sorgen und die auch die Macht haben, sie zu stoppen. Deshalb wurden die Proteste auch auf die Straßen Nigerias getragen. Und auch hier können wir wieder die Taktik der Herrschenden erkennen: Ignorieren lassen sich solche kraftvollen, kämpferischen Proteste nicht, also wird an einigen Stellen eingelenkt und an anderen Stellen die Keule der Repression ausgepackt.

    Lasst uns aus den Kämpfen lernen!

    Nachdem wir uns einige Beispiele der internationalen Proteste angeschaut haben, bleibt die Frage: Was können wir damit anfangen? Erst einmal zeigen sie uns kämpferische und mutige Versuche, für die eigenen Interessen einzustehen. Sie zeigen oft junge Menschen in Afrika und Asien, welche die Auswüchse und Folgen des kapitalistischen Systems mit am stärksten zu spüren bekommen und sich ihnen widersetzen.

    Ebenso zeigen uns die Proteste, was wir erreichen können, wenn wir gemeinsam für unsere Interessen kämpfen. Und wir können erkennen, dass ein gemeinsamer kämpferischer Widerstand nicht ignoriert werden kann. Wenn wir konsequent für unsere Interessen einstehen, wird den Herrschenden gar nichts anderes übrigbleiben, als feige alles aufzugeben und mit dem Helikopter zu fliehen.

    Dieser Text ist in der Print-Ausgabe Nr. 90 vom September 2024 unserer Zeitung erschienen. In Gänze ist die Ausgabe hier zu finden.

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