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Sonntag, Oktober 6, 2024
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    Rückzug der Bundeswehr aus Niger

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    Die Bundeswehr muss ihren Luftwaffen-Stützpunkt in Niger aufgeben. Die Militärregierung setzt stattdessen auf die Zusammenarbeit mit Russland und China.

    Am Samstag hat die Bundeswehr bekannt gegeben, dass sie ihren Rückzug aus dem westafrikanischen Land Niger plant. Sie teilte dies zuerst ausgewählten Abgeordneten mit. Grund für den Abzug ist das Fehlen einer Einigung der Bundeswehr mit der Militärregierung über die Bedingungen für die Fortführung des Einsatzes.

    Aktuell ist die Bundeswehr mit 40 Soldat:innen in Niger im Einsatz. Diese sind auf dem Luftwaffenstützpunkt der Bundeswehr nahe der Hauptstadt Niamey stationiert. Das Übergangsabkommen, das den Aufenthalt der Bundeswehr nach dem Putsch bis zur Einigung über eine langfristige Lösung sicherte, läuft am 31. August aus. Bis dahin fliegt die Bundeswehr Material aus und führt ihren Rückzug durch. Im Anschluss wird die Basis der Militärregierung überlassen.

    Damit endet der Einsatz, der 2013 als Teil der „MINUSMA”-Operation zur Unterstützung pro-westlicher Regierungen in Mali begann und schließlich als „EU Military Partnership Mission” ab April 2023 fortgeführt wurde. Die MINUSMA-Operation in Mali wurde endgültig beendet, nachdem eine Militärregierung im Mai 2022 die Macht übernahm. Diese setzte auf eine Loslösung von der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich und suchte eine engere Partnerschaft mit Russland. Deutschland und seine Verbündeten nutzten den Luftwaffenstützpunkt nahe Niamey als Logistik-Drehkreuz.

    Die EU Military Partnership Mission ist eine Operation mit EU-Mandat, mit der die pro-westlich orientierte Regierung von Präsident Mohamed Bazoum und das nigrische Militär unterstützt und aufgebaut werden sollten. Ein Schwerpunkt lag auf der Ausbildung militärischer Führungskräfte, Aufklärung und militärischem Nachrichtenwesen. Mit dem Putsch durch die Militärregierung wurde die militärische Kooperation hinfällig. Auch in Niger orientiert sich diese eher an anderen Mächten wie Russland oder China.

    Niger kündigt Militärabkommen mit den USA und plant eigene Währung

    Internationale Interessen in Niger

    Der Verlust an Einfluss in Westafrika, besonders auch in Niger, schwächt den französischen Imperialismus und seine Verbündeten wie Deutschland oder die USA. Niger war ab 1912 eine Kolonie innerhalb Französisch-Westafrikas, zu dem auch Mali, Burkina Faso und weitere Länder gehörten.

    Niger gehört zu den ärmsten Ländern weltweit. Ein Großteil seiner Wirtschaftsleistung entspringt der Landwirtschaft und der Förderung natürlicher Ressourcen im Bergbau und von Ölvorkommen, die sich internationale Großkonzerne unter den Nagel reißen. Die Industrie und die gesamte Infrastruktur sind durch (neo)koloniale Ausbeutung stark unterentwickelt.

    Die natürlich vorkommenden Ressourcen werden überwiegend von international agierenden Monopolen angeeignet, gefördet und exportiert. Von wichtiger Bedeutung für Frankreich sind die großen Uran-Vorkommen Nigers, von denen die Versorgung der französischen Atomkraftwerke mit Brennstäben abhängt. Mit 70 Prozent der Gesamtexporte stellt dies einen extrem wichtigen Wirtschaftszweig dar. Der Bevölkerung vor Ort nutzen diese jedoch wenig bis gar nicht: sie ist vielmehr durch die Umweltzerstörung und unsichere Arbeitsverhältnisse, sowie den Abfluss der Gewinne an internationale Monopole doppelt betroffen.

    Am Abbau der Goldvorkommen in Samira ist seit 2004 ein kanadisches Unternehmen beteiligt. Auch China gewinnt an Einfluss in Niger und bekommt wichtige Aufträge für Infrastrukturprojekte, wie auch für die Förderung der Ölvorkommen.

    Mali, Niger, Burkina Faso: Sahel-Allianz tritt aus ECOWAS aus

    Der Kampf um Nigers Ressourcen und seine Abhängigkeit von westlichen oder anderen Ländern macht es zum Gegenstand von Machtkämpfen. Diese führten nach dem Militärputsch und der Ausweisung US-amerikanischer, französischer und nun deutscher Militärs zum Austritt aus der pro-westlichen Allianz westafrikanischer Länder „ECOWAS”. Nun orientiert es sich zusammen mit Mali und Burkina Faso auf die seit September 2023 besehende Sahel-Allianz.

    Neue und alte Stützpunkte

    Nach ihrem Rückzug ist die Bundeswehr auf der Suche nach einem neuen Stützpunkt in Westafrika zur Durchführung militärischer Operationen in der Region. Die Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger hatte dazu die Bundesregierung aufgerufen, welche bereits mit der Prüfung verschiedener Standorte begonnen hat.

    Die Bundeswehr soll außerdem weiterhin der Absicherung von deutschen Diplomat:innen und zur Stabilisierung treuer Regime und der Ausbildung ihrer Armeen dienen. Auch Einsätze mit größerer Militärpräsenz am Boden – wie der jetzt beendete Einsatz in Mali – sind Mittel zur Verfolgung der Interessen des deutschen Kapitals in Westafrika, die auch in Zukunft möglich bleiben sollen.

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