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Samstag, April 27, 2024
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    Mali, Niger, Burkina Faso: Sahel-Allianz tritt aus ECOWAS aus

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    Die im September 2023 gegründete Sahelallianz tritt geschlossen und mit sofortiger Wirkung aus der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS aus. Die Antwort auf die Annäherung zu Russland darf jedoch nicht sein, den deutschen Imperialismus zu unterstützen. – Ein Kommentar von Nick Svinets.

    Am Sonntag verkündeten Mali, Niger und Burkina Faso in Reaktion auf die wirtschaftlichen Sanktionen und die militärischen Androhungen ihren sofortigen Rücktritt aus der Economic Community of West African States (ECOWAS). Die ECOWAS ist die wichtigste politische und militärische Instanz in Westafrika und sei – so die Kritiker:innen aus den Sahel-Staaten – insbesondere in den letzten Jahren massiv durch ausländische Mächte beeinflusst gewesen.

    Der nigrische Sprecher des Nationalen Rats für den Schutz des Vaterlands, Amadou Abdramane, sagt, dass die Sahelallianz mit Enttäuschung festgestellt habe, dass die Wirtschaftsgemeinschaft sich vom panafrikanischen Grundgedanken des Bündnisses entfernt hat. Damit verweist er auf die „illegalen, illegitimen, inhumanen und unverantwortlichen“ wirtschaftlichen Sanktionen gegen Niger, die seit dem Putsch im August 2023 verhängt wurden. Außerdem habe die ECOWAS die Sahelallianz im Kampf gegen terroristische Gruppen nicht unterstützt.

    Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ist im Vorfeld nicht über das Vorhaben der drei Länder informiert worden und erklärt, dass ein Austrittsverfahren laut der Satzung bis zu einem Jahr dauern kann.

    Die Politik der Sahelallianz

    Mali, Niger und Burkina Faso stechen vor allem in westlichen Medien immer wieder durch ihre intensivere Zusammenarbeit mit Russland hervor. In Niger verließen Ende Dezember 2023 die letzten französischen Truppen das Land. Im gleichen Atemzug eröffnete Russland nach 32 Jahren wieder ihre Botschaft in Burkina Faso und entsandte am 25. Januar erstmals russische Truppen zum Schutz des burkinischen Staatsoberhauptes Traoré.

    In Niger setzt sich die Regierung seit dem Putsch für die Aufhebung europäisch-beeinflusster Politiken im Land ein und schaffte unter anderem das stark umstrittene Migration Law 2015-36 ab, das die Migration im Norden des Landes wieder entkriminalisiert. In der Vergangenheit hatten die Migrationsabkommen der EU im Sahel durch Grenzschließungen und Kriminalisierung des Transportssektors etliche wütende Menschen in die Hände islamistischer Gruppen getrieben.

    Niger: Lage scheint sich zu beruhigen, doch die Zukunft bleibt ungewiss

    2015, drei Jahre nach der Machtübernahme dschihadistischer Gruppen wurde unter dem Einfluss der algerischen Regierung ein temporärer Frieden ausgehandelt. Die malische Regierung kündigte nun ein Friedensabkommen mit den Rebellengruppen im Norden Malis auf. In der Nacht zum 25. Januar verkündete der malische Minister für Dezentralisierung und Territorialverwaltung, Maïga, dass es sich bei den derzeitigen terroristischen Bedrohungen im Norden des Landes nicht mehr um die Rebellengruppen aus dem Friedensabkommen handle und das 2015 ausgehandelte Abkommen dadurch überflüssig werde. Wie hoch das Konfliktpotential derzeit ist, ist schwer zu sagen. Jedoch ist festzuhalten, dass auch in Mali russische Truppen stationiert sind, die die Regierung bei der Terrorbekämpfung unterstützen sollen.

    Zusammenarbeit mit Russland

    Die zunehmende Intensivierung der Beziehungen zum russischen Imperialismus bedeutet noch keine Befreiung vom kolonialen Joch. Die Antwort darauf darf aber genau so wenig sein, den Ländern im Sahel vorzuschreiben, mit wem sie paktieren dürfen und mit wem nicht. Schlussendlich ist die militärische und diplomatische Zusammenarbeit mit Russland eine Reaktion auf die jahrzehntelange neokoloniale Einflussnahme Frankreichs, die in den Ländern zu massiven Missständen, Ausbeutung und einer Weiterführung kolonialer Verhältnisse geführt hat.

    Die Rolle der ECOWAS hierbei ist auch bemerkenswert. Der nigrische Sprecher Abdramane sprach am Sonntag explizit davon, dass die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft im Kampf gegen den Terrorismus in den drei Ländern nichts unternehme. Stattdessen droht die ECOWAS der nigrischen Regierung mit einer Militärintervention, um den ehemaligen Präsidenten Bazoum wieder in Kraft zu setzen. Dieses Vorhaben wird zudem von der Kolonialmacht Frankreich unterstützt.

    Unterstützung des antikolonialen Kampfs

    Was können wir als Arbeiter:innen in Europa tun? Die Konflikte zwischen den imperialistischen Staaten spitzen sich zurzeit zu und immer häufiger wird zu militärischen Mitteln im Kampf um Einflussgebiete gegriffen. In diesen Zeiten sollte das Wichtigste sein, die Rolle jeglicher imperialistischer Mächte – seien es Russland, Frankreich, Deutschland oder die USA – in Afrika weiter zu bekämpfen.

    Der Kampf gegen Krieg und Militarismus muss sich gegen jeglichen Imperialismus richten!

    Im Fokus sollte dabei der eigene – für uns also der deutsche – Imperialismus stehen. Denn die Schlussfolgerung aus dem teils wachsenden Einfluss von Ländern wie China und Russland darf nicht sein, im Gegenzug nun die deutsche imperialistische Politik zu unterstützen. Einsätze der Bundeswehr und der NATO werden weder Frieden in der Sahelzone, noch sonst wo auf der Welt bringen. Auch wenn sie sich gerne mit scheinbar progressiven Begriffen wie „feministischer Außenpolitik“ schmücken.

    • Perspektive-Autor seit 2024 und Politikwissenschaftsstudent mit Fokus auf Westasien & Sahelzone, Migration, Antirassismus, Antimilitarismus und internationale Klassenkämpfe.

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