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Freitag, September 20, 2024
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    Proteste in Serbien: Blockaden gegen Lithiumabbau

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    In Serbien ist das größte Lithiumvorkommen Europas zu finden. Durch einen Beschluss des serbischen Verfassungsgerichts hat der Bergbaugigant Rio Tinto die Erlaubnis zum Lithiumabbau erhalten. Dagegen gibt es Widerstand seitens der Bevölkerung, die durch den Abbau Gesundheitsschäden fürchtet.

    Schon 2022 kam es zu großen Protesten gegen die Vorhaben des Monopolkonzerns Rio Tinto im westserbischen Jadar-Tal. Die Bevölkerung wehrte sich erfolgreich gegen den Lithiumabbau, weswegen er seit 2022 eingestellt war. Jedoch soll sich das jetzt ändern. Beim Critical Raw Materials Summit in Belgrad kam es zu mehreren Gesprächen und Abkommen.

    In Anwesenheit von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unterschrieben dort Serbiens Präsident Aleksandar Vučić und EU-Kommissionsvize Maroš Šefčovič am 19. Juli ein Abkommen zwischen der EU und Serbien, worin sich „beide Seiten auf eine Zusammenarbeit beim Abbau und der Verwertung von Lithium, das wichtig für den Bau von Batterien, insbesondere für Elektroautos ist und als entscheidender Baustein für den Übergang Europas zu einer grünen Wirtschaft gilt“, einigten.

    Doch schlossen Aleksandar Vučić, Maroš Šefčovič und Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem Gipfeltreffen noch ein weiteres Abkommen, bei dem es um „die strategische Partnerschaft bei nachhaltigen Rohstoffen, Batterie-Wertschöpfungsketten und Elektrofahrzeugen“ ging. In Deutschland regt sich nämlich großes Interesse an Serbien seitens der Autoindustrie: „Wir haben eine Reihe von Gesprächen geführt und dabei ein positives Feedback aus der europäischen Autoindustrie erhalten. Dazu gehören Mercedes und Volkswagen, aber auch Stellantis“, so Vučić.

    Vor allem aber soll es die Unabhängigkeit Deutschlands vom momentan in Lithiumabbau und -verarbeitung weltweit vorherrschenden China schaffen. Hinter dem Beschluss des Verfassungsgerichtes Rio Tinto den Abbau wieder zu erlauben, stehen also wirtschaftliche Interessen von mächtigen kapitalistischen Staaten wie der BRD.

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    Nicht im Interesse der Bevölkerung

    Währenddessen sieht es auf den Straßen Serbiens ganz anders aus. Seit Wochen herrscht Protest gegen die Politik zugunsten der Konzerne – und das in über vierzig Städten.

    Demonstrierende machten klar, was sie vom Abkommen halten: Sie skandierten Parolen wie “Rio Tinto go away” und zogen mit Transparenten und Aufschriften wie „Stop Rio Tinto“ bereits Ende Juli durch die Straßen von Arandjelovac, Sabac, Kraljevo und Ljig. Drei der Kundgebungen zogen Bildern zufolge mehr als tausend Menschen an.

    Am 10.8. kam es zu einer Großdemonstration in Belgrad, die über 40.000 Menschen auf die Straßen brachte. „Hier wirst du nicht graben!“, „Es wird hier kein Bergwerk geben“ und „Rio Tinto raus aus Serbien“ waren beliebte Parolen des Protests. Geeint sind die Demonstrant:innen in ihrem Unmut gegenüber der Politik, die sich gegen ihre Interessen stellt. Die serbische Regierung verspricht sich Milliarden durch die Zusammenarbeit mit der EU, während Umweltschützer:innen vor Naturkatastrophen und von Schwermetallen verunreinigtem Trinkwasser warnen. „Sie wollen aus Serbien eine schmutzige Bergbaukolonie machen“, so die bekannte Umweltaktivistin Svetlana Bojković.

    Die Wut auf die politischen Entscheidungen scheint größer als die Angst vor Repression. Die Demonstrant:innen blockierten Straßen sowie die Schienen zweier Bahnhöfe mitten in Belgrad. Anfangs wurden sie nicht geräumt. In den frühen Morgenstunden, als die Anzahl der Blockierenden deutlich abnahm, wurden sie jedoch von Sondereinheiten verjagt.

    Die Regierung plant ein hartes Vorgehen, weswegen Demostrierende potentiell wegen „versuchtem Staatsstreich“ angeklagt werden und ihnen dementsprechend mehrere Jahre Haft drohen könnten. Führer:innen der Bewegung sprachen trotzdem davon, weitere Blockaden im Land zu planen, was den Mut und den Willen im Kampf für die Freiheit ihres Landes von Monopolinteressen zeigt.

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