Migrationsgipfel beschließt die Prüfung von Recht auf Asyl durch afrikanische Staaten in Lagern mit „KZ-ähnlichen Zuständen“.
Die Europäische Union hat beim „Migrationsgipfel“ am Montag ihre Außengrenzen faktisch auf den afrikanischen Kontinent ausgedehnt. Der Gipfel fand in Paris mit den Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien sowie der EU-Außenbeauftragten in Paris mit Vertretern der afrikanischen Staaten Niger, Tschad und Libyen statt.
Zentrale Vereinbarung des Gipfels sind „Flüchtlingszentren“ in den „Transitländern“, die afrikanische Flüchtlinge auf ihrer gefährlichen Flucht nach Europa durchlaufen müssen.
Anstatt die Migranten nach Europa zu lassen, um hier ihre individuellen Fluchtgründe zu prüfen, soll dies nun bereits in Ländern wie Libyen passieren. Hier solle insbesondere zwischen politischen Flüchtlingen und solchen Menschen unterschieden werden, die aus wirtschaftlichen Gründen (z.B. Flucht vor Hungertod) nach Europa kommen wollen – letzte sollen schnellstmöglich wieder in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden.
„KZ-ähnliche Zustände“ in Libyen
In Libyen kämpfen derweil rund 1.700 verschiedene Milizen um die Vormacht im Land. Daneben gibt es verschiedene Regierungen, die von unterschiedlichen Mächten gestützt werden. Mit einem dieser Präsidenten – Al Sarraj – hat die EU nun gesprochen.
Bereits heute werden Flüchtlinge in Libyen ohne Prozess interniert. Die deutsche Botschaft in Niger spricht von „KZ-ähnlichen Zusänden“ in libyschen „Privatgefängnissen“. In den Flüchtlingslagern des Landes gebe es systematisch „Exekutionen, Folter und Vergewaltigungen“. Dies geschehe laut dem freien Journalisten Michael Obert „in Gefängnissen der vom Westen anerkannten Regierung. Das sind die Orte, an denen Tausende nicht nur mit dem grünen Licht aus Europa, sondern auf Anweisung und finanziert von Europa abgefangen werden.“
Diese Regierungen sollen nun „Registierungszentren“ schaffen, in denen Fluchtgründe geprüft werden.
Keine konkreten Beschlüsse für legale Fluchtrouten
Im Gegenzug zur Abschottung der EU-Außengrenzen sollen „legale Fluchtrouten“ nach Europa entstehen, die nicht über das gefährliche Mittelmeer oder Schlepper laufen. Laut der Organisation „Pro Asyl“ sei dafür jedoch keine Bereitschaft „in einer relevanten Größenordnung“ in Sicht. „Nicht einmal die großen Gipfelteilnehmer gestern haben eine konkrete Zahl genannt und selbst innerhalb Europas ist die Umverteilung von Flüchtlingen bereits krachend gescheitert.“
Abschied also vom individuellen Recht auf Asyl in Europa
Die Pläne der EU und der afrikanischen Länder stoßen auf massive Kritik. Ziel der Pläne sei es laut der NGO „Pro Asyl“, „Flüchtlinge möglichst weit weg von europäischen Grenzen abzuwehren und ihr Elend so möglichst unsichtbar zu machen.“ Auch würden Fluchtursachen nicht bekämpft werden: „Ein klarer Abschied also vom individuellen Recht auf Asyl in Europa, eine Abkehr von Menschenrechten und aktionistische Abschottung statt dem Versuch einer wirklichen Bekämpfung der Ursachen von Flucht. Denn die werden vielmehr befeuert, wenn Europa auf dem halben Kontinent Waffen und Geld für die Flüchtlingsabwehr verteilt und dabei auch vor Diktaturen wie dem Tschad – oder anderen »Migrationspartnern«, z.B. Sudan, Südsudan und Eritrea – oder Staatsruinen wie Libyen nicht Halt macht.“