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Donnerstag, April 25, 2024
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    Kämpfe gegen steigende Mieten kommen auch in kleineren Städten an

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    In letzter Minute haben MieterInnen der eG Wohnen und AktivistInnen des Solidaritätsnetzwerks Cottbus am 23. April gegen eine Zwangsräumung am Mittwochmorgen in Cottbus-Sachsendorf protestiert. 

    Die 76-jährige Heidemarie sollte dort auf Grund eines Gerichtsurteils aus dem Februar 2019 zwangsgeräumt werden. Ihr Wohnblock soll abgerissen werden, ein konkreter Termin ist jedoch noch nicht bekannt.

    Unter dem Motto „Solidarität mit Heidemarie! Zwangsräumungen verhindern!“ haben rund 20 Personen gegen die drohende Räumung protestiert. Sie forderten, dass das Heidemarie als Mitglied einer Wohnugnsbaugenossenschaft zugesicherte lebenslange Wohnrecht gewährt und eine adäquate Ersatzwohnung gestellt wird.

    Die Forderungen wurden erst im Büro der eG Wohnen in der Cottbuser Innenstadt schriftlich übergeben, im Anschluss wurde ihnen bei einer Kundgebung in der Nähe Nachdruck verliehen. Die Forderungen sind keinesfalls radikal, wenn sie mit der Herangehensweise zahlreicher Bündnisse gegen Gentrifizierung und Zwangsräumungen zum Beispiel in Berlin verglichen werden, dennoch ist der Fall interessant, denn hier bündeln sich eine Vielzahl gesellschaftlicher Widersprüche:

    Heidemarie selbst ist Rentnerin und lebt von einer kleinen Rente weit unter Hartz IV-Niveau. Zugleich werden in Cottbus seit Jahrzehnten die verhältnismäßig günstigen Plattenbauwohnungen aus der DDR-Zeit abgerissen. Angeblich, weil die EinwohnerInnenzahl sinkt. Dieser Trend setzte sich jedoch in den letzten Jahren nicht fort, sondern Cottbus hat wieder ein leichtes Bevölkerungswachstum zu verzeichnen. Dennoch wurde  der Abriss zumindest von Heidemaries Genossenschaft nicht gestoppt.

    Neu gebaute Wohnungen in der Stadt erzielen auf dem Markt unterdessen durchaus schon hohe Mietpreise von 9 bis 10 Euro pro Quadratmeter. Zumindest für Heidemarie und Menschen in ähnlicher finanzieller Lage ist das nicht finanzierbar.

    Das ist der Grund, warum die Aktion mit 20 Leuten angesichts der sehr kurzfristigen Mobilisierung sehr gut besucht war und an ihr keinesfalls nur linke AktivistInnen, sondern vor allem – selbst vom weiteren Abriss ihrer Wohnungen bedrohte – MieterInnen teilnahmen.

    Unterdessen mussten Heidemarie und ihre UnterstützerInnen eine zwischenzeitliche Niederlage hinnehmen. Das parallel zur Aktion erneut eingereichte Rechtsmittel wurde abgelehnt und die Zwangsräumung am Mittwochmorgen durchgeführt. Nicht etwa die Wohnungsbaugenossenschaft – wie gefordert – sondern die Caritas hat Heidemarie nun für vier Wochen übergangsweise eine Notunterkunft zur Verfügung gestellt.

    Der Kampf in Cottbus wird also auf jeden Fall fortgeführt: Um eine dauerhafte Lösung für Heidemarie zu schaffen, aber auch, damit die zahlreichen anderen von Abriss bedrohten MieterInnen ihrer Stimme Gehör verschaffen können. Ein weiteres Treffen wurde bereits vor Ort vereinbart.

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