Am Abend des 24. April protestierten ca. 20 ehemalige BewohnerInnen der ZASt Halberstadt gegen ihre Unterbringungsweise. Einige von ihnen waren bereits seit über vier Wochen in Quarantäne, nachdem es in der ZAst auf Covid-19 positiv Getestete gab. Laut Beschluss der Regierung von Sachsen-Anhalt sollten bereits Genesene und Risikogruppen auf verschiedene Kommunen und Einrichtungen außerhalb der ZASt verteilt werden.
Zu diesen Orten gehört das 2.000 Menschen zählende Dorf Benneckenstein an der Grenze zu Thüringen und Niedersachsen. Eine dezentrale Unterbringung war hingegen nicht garantiert – die Kernforderung eines kürzlichen Hungerstreiks in der ZASt. Ein Teil der BewohnerInnen des Lagers in Beneckenstein schlief daher aus Protest außerhalb des Gebäudekomplexes. Perspektive-KorrespondentInnen waren vor Ort, um sich mit dem protestierenden Geflüchteten C. zu unterhalten.
Kannst du uns sagen, was gestern in Benneckenstein passiert ist und warum ihr protestiert habt?
Ja, dieser Protest, der gestern passiert ist, den haben wir erwartet. Das ist wegen der Quarantäne, wegen des Virus passiert. Nach zwei Wochen sollten wir eigentlich in ein Heim transferiert werden. Aber als wir gestern hier angekommen sind, haben wir uns gewundert, dass es immer noch kein Heim ist, sondern wieder ein Lager, in das wir gebracht wurden. Deswegen haben wir mit dem Protest angefangen, weißt du? Was sie uns gesagt haben, ist nicht, was mit uns passiert.
Also haben einige von uns entschieden, mit dem Protest loszulegen. Dann kamen die Securities und die Polizei. Aber als sie da waren, haben sie uns nichts gesagt und nichts gemacht. Sie haben nur geguckt. Eine Sozialarbeiterin, eine liebe Dame, hat sich bemüht, die Situation zu beruhigen und mit uns zu sprechen. Sie bestätigte, dass es unser Recht sei, zu protestieren. Das ist also unser Recht, und wir nehmen dieses Recht wahr. Wir protestieren also. Wir haben uns dazu entschlossen, nicht drinnen zu schlafen, sondern die Nacht draußen zu verbringen.
Der Grund für unseren Protest ist einfach nur der, dass sie uns diese Fragen beantworten: Wo werden wir hingebracht? Bleiben wir hier für immer? Sollen wir hier drei Wochen lang bleiben? Oder sollen wir hier länger als drei Wochen bleiben? Das ist, was wir wissen wollen. Man hatte uns versprochen, dass wir in ein Heim kommen. Aber wir sind in einem Lager in diesem kleinen Dorf hier.
Zweitens, wir können hier nichts kochen, wir können nichts selbstständig machen. Für alles brauchen wir eine Erlaubnis. Man sagte uns, aus Gründen der Sicherheit dürfe man drinnen nichts kochen. Okay, das geht, bis wir hier fertig sind. Aber dann müssen sie uns doch eine andere Kochstelle geben, damit wir zumindest unser eigenes Essen machen können. Wir wollen nicht jedes Mal wie Sklaven oder Häftlinge leben, die nicht das Recht haben, zu tun, was man will. Das ist also, was wir versuchen. Wir kämpfen.
Und weiter?
Die SozialarbeiterInnen haben uns gesagt, dass wir zwei oder drei Wochen hier bleiben werden bis wir transferiert werden. Wir hoffen, dass das die Lösung für das Problem ist. Denn sonst wissen wir nicht, welche Option uns noch bleibt. Wir wissen nicht, was sonst noch vor uns liegt.
Wir hoffen, dass alle, die unsere Botschaft hören, uns unterstützen, uns helfen. Wir sind menschliche Wesen. Wir sind keine Tiere. Wir waren seit einem Monat in der Quarantäne. Wir wurden damals nicht positiv getestet. Wir hatten das Virus nicht. Deswegen an alle da draußen: Bitte, helft uns! Deswegen demonstrieren wir.
Du sagst, du warst seit einem Monat in der Quarantäne. Wo warst du? Warst du in der ZASt in Halberstadt?
Ja, zuerst waren wir in Halberstadt. Die Quarantäne hat in Halberstadt angefangen. Wir haben eine Nachricht erhalten, dass die Quarantäne vierzehn Tage andauern würde. Alle von uns mussten damals in einen Container gehen. Wir waren etwa zehn Tage da drin.
Bei einigen ZAst-Bewohnern war der Test positiv. Man hat sie nach Quedlinburg verfrachtet. Uns hat man aber da gelassen und getestet, immer wieder getestet. Sie haben gesagt, dass sie alle wegbringen, die positiv getestet wurden und sie nach Quedlinburg bringen. Der Rest blieb im Container.
Als ich negativ getestet wurde, brachten sie mich in ein Hotel in der Nähe der ZASt in Halberstadt. Ich war einige Tage dort. Ich blieb also in Halberstadt für vier weitere Tage. Am Abend des letzten Tages haben sie mich dann aber positiv getestet. Also musste ich doch nach Quedlinburg. Ich musste also von vorne anfangen. Wo auch immer sie dich hintun, du musst wieder von vorne anfangen, wieder zwei Wochen in Quarantäne. Nach den zwei Wochen in Quedlinburg sollten sie mich transferieren. Am Freitag haben sie mich also transferiert.
Und hier haben wir gemerkt, dass wir hier nicht einmal die wenigen Sachen haben, die es in Halberstadt gab.
Die Frage ist also nicht das Essen? Die deutschen Medien haben öfter unterstellt, dass es nur um das Essen gehe.
Es geht nicht so sehr um das Essen. Es ist nicht so, als ob man keinen Grund zum Protestieren hätte, wenn es da angenehm ist, wo man lebt. Auch wenn du gutes Essen hast, kann es Probleme geben. Wir sind keine Tiere, die man an eine Leine anbinden kann. Natürlich werden einige von uns wütend, wenn man uns so behandelt.
Wenn jemand meint, schwarze Menschen seien schlecht, dann ist das irreführend. Es kommt darauf an, wie man uns behandelt. Wenn jedem sein eigenes Glück gelassen wird, ist auch Verständnis möglich.
Und wenn man uns das Eine verspricht, soll man nicht das Andere mit uns anstellen. Darum geht es. Wenn Maßnahmen gegen das Virus notwendig sind, dann soll man diese bitte einmal richtig durchziehen und uns dann bitte frei lassen. Alle, die das hier sehen: Bitte helft uns! Wir werden hier nichts zerstören in der Einrichtung. Wir werden gar nichts zerstören. Wenn die Regierung das hier hört: Wir werden niemandem etwas tun und wir werden friedlich sein! Wir sind alle eins. Danke vielmals!