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Kurdischen Aktivist:innen droht Abschiebung aus Bayern in die Türkei

In Bayern wurde der Asylantrag der beiden kurdisch-alevitischen Aktivist:innen Anıl Kaya und Sinem Mut abgelehnt. Beiden wurde die Abschiebung in die Türkei angedroht, obwohl sie dort eine über sechsjährige Haftstrafe, weitere Verfolgungen und Folter erwarten.

Der Kunsthistoriker Anıl Kaya und die im Bereich Gesundheitsmanagement promovierende Sinem Mut waren in Ankara in der „Föderation für Demokratische Rechte“ aktiv und beteiligten sich an Demonstrationen etwa zum 8. März und 1. Mai oder an Veranstaltungen, die gegen Folter und extralegale Tötungen in der Türkei protestierten. Ende 2012 wurden sie gemeinsam mit anderen Akademiker:innen verhaftet. Im Anschluss wurden sie wie viele Oppositionelle wegen „Terrorismus“ angeklagt. Sinem Mut war währenddessen zwei Monate im berüchtigten F-Typ-Frauengefängnis Sincan in Untersuchungshaft und wurde dort gefoltert.

Der Prozess gegen die Gruppe politisch engagierter Akademiker:innen wurde ab 2014 endlos verschleppt, und die beteiligten Justizvertreter:innen wechselten in kurzen Abständen. Kurz vor dem Urteil im März 2019 entschlossen sich einige der Angeklagten, die Türkei zu verlassen und das Ende des Prozesses im Ausland abzuwarten. Insgesamt verhängte die türkische Justiz in diesem Verfahren 120 Jahre Haft, davon je sechs Jahre und drei Monate gegen Anıl Kaya und Sinem Mut. Als „Beweise“ gegen Anıl Kaya und Sinem Mut dienten ein bei der Hausdurchsuchung 2012 gefundenes Buch des Kommunisten İbrahim Kaypakkaya und ein angeblich ebenfalls in ihrer Wohnung entdeckter Ausweis der Maoistischen Kommunistischen Partei.

Unter Verweis auf die offensichtliche politische Verfolgung in der Türkei bekamen die in die Schweiz und in verschiedene deutsche Bundesländer geflüchteten Mitangeklagten Asyl. Anders im Fall des Paares, dass in Bayern Asyl beantragte: Die bayerische Abteilung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnte im Mai 2020 die Asylanträge von Anıl Kaya und Sinem Mut ab.

Die Behörde begründete die Entscheidung damit, dass sie die Praxis der türkischen Justiz für rechtmäßig halte, behauptete zugleich, die von den beiden Wissenschaftler:innen vorgelegten Prozessunterlagen und andere Dokumente seien gefälscht und stritten ab, dass die kurdisch-alevitische Minderheit besonderer Diskriminierung in der Türkei ausgesetzt sei.

Mit Urteil vom 5. Mai 2021 bestätigte das Augsburger Verwaltungsgericht die Entscheidung und erklärte, die beiden hätten keine „flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung in der Türkei zu erwarten“. Zudem bestehe zumindest bei Anıl Kaya „kein Risiko von Folter“. Dass Sinem Mut bereits brutale Misshandlungen im Gefängnis erlebt hat, ignorierte das Gericht und forderte das Paar auf, die BRD noch im August zu verlassen und drohte ihnen die Abschiebung an.

„Dieses Vorgehen der bayerischen Asylbehörde und der Augsburger Justiz ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht dieser beiden verfolgten Aktivist*innen, sondern aller Menschen, die sich den faschistischen Entwicklungen in der Türkei entgegenstellen, sich politisch engagieren und dafür massive Repression erleiden“, erklärt Anja Sommerfeld für den Bundesvorstand der „Roten Hilfe e. V.“ zu dem Fall. Die Rote Hilfe fordert, dass die Auslieferungspraxis an die türkischen Verfolgungsbehörden umgehend beendet werden muss.

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