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Samstag, Juli 27, 2024
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    Ist das noch Infektionsschutz?!

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    Manch eine:r mag geneigt sein, auch die neusten Einschnitte in das gesellschaftliche Leben als gesundheitsschützende Maßnahme einzuschätzen. Doch sind faktische Identitätsfeststellungen an jeder Ecke und die Abschaffung erkämpfter Fortschritte, wie die des Krankengeldes, wirklich noch Infektionsschutz? Ein Kommentar von Julius Strupp

    In den letzten Tagen überschlugen sich die Meldungen zu neuen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Diese treffen nun vor allem die Ungeimpften. So soll es für sie nun ab November wohl in allen Bundesländern keine Lohnfortzahlungen im Fall einer amtlich angeordneten Quarantäne mehr geben.

    Gelber Impfpass nicht mehr gut genug?!

    Gleichzeitig wird an immer mehr Orten die 2G-Regel „freiwillig“ eingeführt. Gastronom:innen dürfen dann nur Genesene und Geimpfte in ihre Lokale lassen, diese dafür aber komplett füllen. Ungeimpfte dürfen dann auch mit negativem Test nicht rein.

    Berlin akzeptiert bei Kontrollen dieser Regelung ab Sonntag den gelben Impfpass nicht mehr. Stattdessen muss ein digital lesbarer Nachweis vorhanden sein.  Laut dem Chef der Staatskanzlei, Christian Gaebler, wolle man damit die Hürden für Fälschungen erhöhen. Das Robert-Koch-Institut sieht diese Regelung ebenfalls vor. Gut möglich also, dass sie bald auch anderswo gilt.

    Der Vorstandvorsitzende der R+V Versicherungen Norbert Rollinger hat nun sogar eine Erhöhung der Krankenkassenbeiträge von Ungeimpften ins Spiel gebracht.

    Diesem Staat ist unsere Gesundheit egal!

    Manchen mag es logisch erscheinen, dass man versucht, möglichst viele Menschen zu einer Impfung zu bewegen, um die Pandemie zu überwinden. Das erste Problem mit der Art, wie es jetzt geschieht, liegt aber auf der Hand – nämlich, dass es mit repressiven staatlichen Maßnahmen auf Kosten von Teilen der Arbeiter:innenklasse gemacht wird.

    Doch auch überhaupt muss man sich fragen: Interessiert sich der Staat nun auf einmal für unsere Gesundheit, nachdem er tausende hat sterben lassen, um die kapitalistische Wirtschaft am Laufen zu halten? Wohl eher nicht. Was steckt also dahinter?

    Worum geht es wirklich?

    Für den deutschen Staat hat die Corona-Politik vor allem zwei Seiten. Zum einen möchte man wirklich die Pandemie zumindest unter Kontrolle halten. Nicht aber, um Leib und Leben der Bevölkerung zu schützen, sondern um in der internationalen Konkurrenz mit anderen kapitalistischen Staaten nicht zurück zu fallen, die Wirtschaft am Laufen zu halten und sich eventuelle Vorteile zu verschaffen.

    Zum anderen nutzt er schon seit Beginn der Pandemie das Virus als Vorwand, um für ihn wichtige Projekte im Ausbau des Überwachungsapparats voranzutreiben. Teilweise tut er das mit der Begründung des Virus, etwa bei der faktischen Einführung einer digitalen Ausweispflicht an allen möglichen Orten des öffentlichen Lebens in Berlin oder beim Vorstoß der Durchsetzung einer 3G-Regelung im Fernverkehr, um diesen besser überwachen zu können.

    Oft nutzt er aber auch das fast nur auf das Coronavirus beschränkte mediale und öffentliche Interesse aus, um quasi unbemerkt Gesetze im Bundestag zu verabschieden, die in einer ähnliche Richtung gehen, beispielsweise das neue Telekommunikationsgesetz.

    Diese Gesetze und Regelungen werden auch wichtig sein, um aufkeimende soziale Kämpfe und Bewegungen zu kriminalisieren und zu überwachen.

    Für uns ist es wichtig, zu erkennen, dass dieser Staat nicht für unsere Gesundheit sondern die Profite des deutschen Kapitals Politik macht und seine 1-,2-,3-G-Regelungen auch nicht gegen Querdenker:innen, sondern unsere Kolleg:innen und Nachbar:innen richtet.

    Natürlich ist eine Impfung medizinisch sinnvoll. Doch das sollte uns nicht dazu bringen, die Angriffe des Staates einfach hinzunehmen und andere Teile der Arbeiter:innenklasse einfach im Regen stehen zu lassen.

    • Autor bei Perspektive seit 2019, Redakteur seit 2022. Studiert in Berlin und schreibt gegen den deutschen Militarismus. Eishockey-Fan und Hundeliebhaber. Motto: "Für alles Reaktionäre gilt, dass es nicht fällt, wenn man es nicht niederschlägt."

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