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Freitag, März 29, 2024
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    Deutschlands Griff nach dem Balkan

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    Der Balkan ist seit Beginn des 20. Jahrhunderts ein schwer umkämpftes Gebiet. Selbst in zwei Weltkriegen gelang es Deutschland nicht, den Balkan vollkommen zu unterwerfen. Nun kündigt die Bundesregierung wieder einmal größeres „Engagement“ auf dem Balkan an und versetzt alle Kräfte in Bereitschaft. – Ein Kommentar von Enver Liria

    Erst kürzlich bereiste die Außenministerin Baerbock mit einer Delegation den Balkan und setzte damit ein klares Statement. Knapp zwei Wochen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine sagte sie, Deutschland könne alleine mit diplomatischen Mitteln nicht mehr voran kommen. Es habe eine Zeitenwende stattgefunden, Deutschland müsse nun aufrüsten und militärisch aufholen.

    „Der russische Angriff auf die Ukraine ist eine Zäsur, die eindringlich zeigt: Europa muss bereit sein, strategisch in seine langfristige Sicherheit zu investieren. […] In diese offene Flanke drängen Akteure wie Russland hinein, die kein Interesse an einer europäischen Zukunft haben und nicht davor zurückschrecken, ungelöste Konflikte wieder zu schüren.“ Die grüne Außenministerin bereiste die Länder des Balkans, um die Menschen kennenzulernen, um „zuzuhören“ – „aber auch um deutlich zu machen, dass wir diese Region im Herzen Europas nicht dem Einfluss Moskaus überlassen werden“.

    Bei ihrem Besuch kündigte Baerbock an, dass man eine enge Zusammenarbeit mit den Ländern des Westbalkans und mit Moldau anstrebe. Dabei ging es um ökonomische Investitionen, aber auch um EU-Beitrittsverhandlungen und militärische Zusammenarbeit. Zu den Westbalkanstaaten gehören Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien. Doch auch Moldau besuchte die deutsche Delegation Anfang März. Das kleine Land grenzt unmittelbar an die Westukraine und gilt als EU-Beitrittskandidat. Um diesen Prozess der EU-Erweiterung zu koordinieren, hat die Bundesregierung jetzt Manuel Sarrazin zum „Sondergesandten der Bundesregierung für den Westbalkan“ ernannt.

    Die Ernennung Sarrazins ist ein weiteres klares Zeichen dafür, dass der Westbalkan noch weitergehender zum Einflussgebiet Deutschlands werden soll. Sarrazin machte klar, dass Deutschland in den letzten Jahren militärisch zu schwach war, um das durchzusetzen, dieser Fehler jetzt aber behoben werden würde:

    „Nicht immer konnte die Region in den letzten Jahren und Jahrzehnten nach den schrecklichen Kriegen im absoluten Fokus des Interesses und der Kalender der deutschen und europäischen Europa- und Außenpolitik stehen“, erklärt Sarrazin. „Mit der Einrichtung dieser Position gibt die Bundesregierung ein klares Bekenntnis ab, dass sie an die Europäische Zukunft des Westbalkans glaubt und sich noch stärker für diese engagieren wird.“

    „Stärkung der NATO-Ostflanke“

    Passend dazu verkündete das Bundesverteidigungsministerium gemeinsam mit der NATO die Verlegung einiger Tausend Soldat:innen nach Osten. Deutsche Luftverteidigungskräfte sind mit dem PATRIOT-Luftabwehrsystem in die Slowakei verlegt worden.

    Deutschland übernimmt nächstes Jahr die Führung der sogenannten NATO-Speerspitze “Very High Readiness Joint Task Force” (VJTF). Soldat:innen der Bundeswehr bilden dann die erste Kampflinie der NATO.

    Die Bundesregierung mobilisiert nun alle Ressourcen – ob militärisch oder politisch – damit der Griff nach dem Balkan gelinge. Schon im Ersten Weltkrieg strebte Deutschland und seine Verbündeten nach der Unterwerfung des Balkans. Nachdem das nicht geklappt hatte, wurde dieses Ziel im Zweiten Weltkrieg dann umso blutiger und skrupelloser angesteuert.

    Der Balkan mit all seinen Rohstoffen und seiner zentralen geografischen Lage ist schlicht und einfach enorm wichtig für den Kampf um Welthegemonie des deutschen Kapitals. Umso wichtiger ist es, dass wir uns bei all der Propaganda, die uns umgibt, nicht auf die Seite des deutschen Imperialismus schlagen und in das Kriegstrommeln einstimmen. Schamlos nutzt die Bundesregierung das Leid der Menschen in der Ukraine aus, um die eigenen Truppen in Stellung zu bringen. Kämpfen wir also gegen den Krieg und vor allem dafür, dass Deutschlands nächster Griff nach dem Balkan ohne unzählige Tote abgewehrt werden kann.

    • Schreibt seit 2019 für Perspektive-Online. Lebt im Bergischen Land und arbeitet als Informatiker. Seine Kommentare handeln oft von korrupten Eliten und dem deutschen Imperialismus. Lieblingszitat: „Wenn der Mensch von den Umständen gebildet wird, so muss man die Umstände menschlich bilden. “ (F. Engels)

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