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Zeitung für Solidarität und Widerstand

Massiver Anstieg der Repression gegen Augsburger Aktivist:innen

In den letzten Jahren nahm die Repression gegen Aktivist:innen in Augsburg beängstigend zu. So kam es zu mehreren Hausdurchsuchungen, Schikanen und Gewalt auf Demonstrationen durch die Polizei und zuletzt zu einer Gerichtsverhandlung gegen zwei Aktivisten.

Bereits im Oktober 2020 berichteten wir von einer Hausdurchsuchung bei einem Aktivisten der „Antifaschistischen Jugend Augsburg“ (AJA). Die Gruppe vermutete schon vor zwei Jahren den Beginn einer verstärkten Repressionswelle. Damit sollte sie leider recht behalten.

Ein Aktivist wurde Februar 2021 beim Einkaufen von der Polizei aufgegriffen und mit dem Vorwurf einer Sachbeschädigung seine Wohnung durchsucht. Im Juli 2021 kam es erneut zu einer Hausdurchsuchung bei einem Aktivisten der „Roten Jugend Schwaben“ (RJS) unter dem selben Vorwand. Es folgten zwei weitere Hausdurchsuchungen im November 2021. Im Anschluss einer Kundgebung gegen Gewalt an Frauen wurden die betroffenen Aktivisten auf ihrem Heimweg von der Polizei abgefangen und ihre Wohnungen durchsucht.

Das sind fünf Hausdurchsuchungen in knapp mehr als einem Jahr. Die Menge an Hausdurchsuchungen und die unübliche Herangehensweise, Protestierende zu jeder Zeit dafür aufzugreifen, soll den betroffenen Aktivist:innen zufolge ein Unsicherheitsgefühl vermitteln, selbst jederzeit Ziel der staatlichen Repression zu werden.

Gerichtsprozess in Augsburg

Die Staatsanwaltschaft Augsburg konstruierte durch bei den Hausdurchsuchungen beschlagnahmte Gegenstände Strafverfahren gegen zwei Aktivisten und zerrte diese am 9. Mai 2022 vor Gericht. Vor dem Strafjustizzentrum in Augsburg fand deshalb an diesem Tag und zeitgleich eine Kundgebung gegen die anhaltende Repression statt.

Einige Aktivist:innen begleiteten die Angeklagten im Rahmen einer solidarischen Prozessbegleitung vor Gericht. Dazu mussten sie ihre Personalien angeben, durften bis auf ihre FFP2-Masken keine Gegenstände mit in den Gerichtssaal nehmen und wurden einzeln abgetastet. Die Aktivist:innen sehen das als eine weitere Schikane des Staatsapparats und gehen davon aus, dass ihre Personalien nun beim Augsburger Staatsschutz landen werden. Des hielt sie jedoch nicht davon ab, ihren Genossen während des Prozesses solidarisch zur Seite zu stehen. Rund die Hälfte des Gerichtssaals war zudem besetzt mit Beamt:innen der Polizei – teilweise in Zivil.

Zu Beginn der Verhandlung verlas die Staatsanwältin die Vorwürfe gegen die beiden Aktivisten: dem einen wurde versuchte Sachbeschädigung in zwei Fällen und Sachbeschädigung in zwei Fällen vorgeworfen. Dem zweiten Aktivisten Sachbeschädigung in sieben Fällen.

In der zweistündigen Verhandlung wurden zwei Polizeibeamte in den Zeugenstand gerufen. Besonders die Aussage eines Staatsschutzbeamten bezog sich auf eine reine Mutmaßung: So solle allein die Nähe des Wohnorts von einem der beiden Aktivisten zum Ort der Sachbeschädigungen ein Beweis für seine Beteiligung sein.

Kritik an der Augsburger Staatsanwaltschaft und an der Richterin

Die Augsburger Staatsanwaltschaft forderte einmal 60 und einmal 80 Sozialstunden. Sie ist bekannt dafür, besonders hart gegen Angeklagte vorzugehen und ein sehr hohes Strafmaß zu fordern. Auch steht die Staatsanwaltschaft in Kritik, nicht objektiv zu sein. Die Richterin verurteilte die Aktivisten schlussendlich nach dem Jugendstrafrecht zu 20 bzw. zu 30 Sozialstunden. Einer der Aktivisten muss zusätzlich die Gerichtskosten tragen.

Während der Verhandlung konnte die Richterin es zudem nicht lassen, die Aktivisten zu schikanieren und belehrte diese mehrmals. Mit dem Satz „Wenn euch die Regeln dieses Landes nicht passen, könnt ihr euch ein anderes Land suchen!“ maßregelte sie mit Blick auf die Zuhörer:innenschaft auch die sogenannten „Fans“ der Gerichtsverhandlung.

Nach der Gerichtsverhandlung fasste eine Prozessbeobachterin den Prozess wie folgt zusammen: „Die Richterin betonte während der Verhandlung immer wieder, dass die Bundesrepublik Deutschland ein demokratisches Land sei, in dem man seine Meinung frei äußern dürfe. Diese Aussage halten wir für besonders heuchlerisch im Anbetracht dessen, dass uns auf der 8. Mai -Demonstration zum Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus verboten worden ist, die Fahne einer unserer Befreier:innen hochzuhalten – die Fahne der Sowjetunion. Für mich ist die BRD kein demokratisches Land.“.

Polizeigewalt auf der revolutionären 1. Mai Demonstration

Doch nicht nur die Repression in Form von Hausdurchsuchungen und Gerichtsprozessen nimmt in Augsburg zu. Auch versucht die Polizei, jede Form von linkem Protest in Augsburg zu verbieten und zu kriminalisieren. So wird nicht nur einigen Aktivisten untersagt Demonstrationen anzumelden, auch wird jede linke Kundgebung und Demonstration von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet.

So auch am 1. Mai: 300 Menschen zogen an diesem Tag bei der revolutionären 1. Mai-Demonstration durch die Augsburger Straßen. Parolen wie „Klasse gegen Klasse, Krieg dem Krieg, Kampf dem Kapital, bis der Frieden siegt“ verliehen der Demonstration in Abgrenzung zu der Mai-Demonstration des DGBs einen klassenkämpferischen Ausdruck.

Auch wenn die Demonstration friedlich verlief, wurde sie von Beginn an mit Schikanen der Polizei überzogen. Der Demonstrationszug wurde immer wieder von ihr angehalten, Demo-Teilnehmer:innen wurden konstant abgefilmt und abfotografiert.

Die Abschreckung der Polizei fand gegen Ende der Demonstration ihren Höhepunkt: Als die Teilnehmer:innen der Demonstration gerade dabei waren, ihre Transparente einzupacken, griff die Polizei die Teilnehmer:innen ohne Vorwarnung an und zog willkürlich Demonstrant:innen heraus – teilweise mit dem Vorwurf, sich mit FFP2-Masken vermummt zu haben.

Nachdem die Demonstration ca. 30 Minuten lang eingekesselt war, bewegte sie sich geschlossen von der Polizei weg. Mit massiver Gewalt wurden drei weitere Aktivist:innen festgenommen und einige durch die Polizeigewalt verletzt. Insgesamt wurden an jenem Tag mindestens neun Aktivist:innen  verhaftet. Auch auf sie dürften nun weitere Verfahren zukommen.

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