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Zeitung für Solidarität und Widerstand

Ford schließt Werk in Saarlouis: „Wir wurden belogen und verarscht.“

Anfang der Woche gab der amerikanische Autokonzern „Ford“ bekannt, die Produktion von Elektroautos von Saarlouis nach Valencia verlegen zu wollen. Der Standort Saarlouis soll nur noch bis 2025 Verbrenner produzieren, Beschäftigte rechnen mit einer Werksschließung. SPD-Politiker:innen und Gewerkschaft machen sich bereit, um den Kolleg:innen eine Werksschließung möglichst kampflos zu verkaufen.

Rund 4.600 Arbeitsplätze, plus nochmal 2.000 weitere bei Zulieferern, stehen mit der drohenden Werksschließung auf dem Spiel. Zwar hat der Konzern noch nichts von einer solchen Werksschließung verlauten lassen, doch die Belegschaft schließt aus den Fakten:

Die Produktion des Ford Focus läuft 2025 aus, verlängert wird nicht und die neuen Produktionskapazitäten für E-Autos gehen nach Valencia. Viel unverblümter sagt es die Zeitung der Kapitalseite, das Handelsblatt: „Ford wird absehbar nur noch an zwei europäischen Standorten Pkw produzieren“.

Gemeint sind Köln und Valencia. Auch vorangegangene Subventionsangebote der Landesregierung von bis zu1 Milliarde Euro konnten den Monopolkonzern nicht umstimmen. Der Ford-Betriebsratsvorsitzende Markus Thal trug vor, dass seit Ende 2018 2.500 Arbeitsplätze abgebaut worden seien.

Dies wären angeblich alles verkraftbare Zugeständnisse an den Konzern gewesen. Man sehe sich ja in einer Sozialpartnerschaft, in der Belegschaft und Konzernleitung an einem Strang ziehen müssten. Nun findet der Herr Betriebsrat andere Worte: „Wir wurden belogen, betrogen und verarscht.“

Dumm nur, dass Betriebsräte wie Herr Thal diesen Arbeitsplatzabbau willig mitgetragen haben, genauso wie die Landesregierung (SPD) und die IG Metall. Nun spricht er davon zu schauen, welche Handlungsoptionen der Belegschaft laut dem Tarifrecht noch offenstehen. Doch die Arbeiter:innen des Betriebs sind ihm bereits einen Schritt voraus.

Beschäftigte organisieren spontane Demonstration

Im Anschluss an die Bekanntgabe der Konzernentscheidung und an eine Betriebsversammlung, marschierten ca. 3.000 Kolleg:innen aus dem Werk heraus und demonstrierten. Doch mischten sich auch lokale SPD-PolitikerInnen unter sie, um die gerechtfertigte Wut zu besänftigen und auf institutionelle Bahnen umzulenken.

Allerdings haben die Arbeiter:innen rein rechtlich wohl kaum Handhabe: Wenn Ford das Werk schließen und sie alle auf die Straße setzen will, dann steht das bürgerliche Recht hinter dem Konzern. Und auch die IG Metall samt der SPD werden das mit ihrer Empörung nicht verhindern können. Die einzige Chance, ihre Interessen gegen den Konzern durchzusetzen, haben die Kolleg:innen, wenn sie kämpfen.

Mit ihrer ersten spontanen Demonstration haben die Arbeiter:innen in Saarlouis gezeigt: Solange Ford noch in Saarlouis produziert, ist der Konzern von ihnen abhängig. Das nutzen sie als Druckmittel gegen eine Entscheidung, die sie als „Kampfansage“ verstehen.

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