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Samstag, April 20, 2024
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    Sich zuspitzender Kampf um Taiwan: China simuliert Angriff auf die Insel

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    Die Eskalation zwischen den USA und China um die Kontrolle der als Taiwan bekannte Inselgruppe spitzt sich zu: Nach dem Besuch der US-Spitzenpolitikerin Pelosi begann die Volksrepublik China eine umfangreiche Militärübung und Umzingelung der taiwanesischen Insel – inklusive Überflug durch Drohnen und Raketen. Eigentlich sollte sie Sonntag beendet werden, wird jedoch fortgesetzt.

    Die Regierung der „Volksrepublik China“ hat mit wirtschaftlichen und militärischen Maßnahmen auf den Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi auf dem Inselstaat „Republik China“ (Taiwan) reagiert.

    Am Dienstagabend war die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses an Bord einer Militärmaschine auf dem Flughafen Taipeh-Songshan gelandet. Der Besuch war bis zuletzt geheim gehalten worden, da die Sorge bestand, dass das chinesische Militär die Maschine abfangen könnte. Die 82-Jährige hatte in einer Stellungnahme nach der Landung erklärt: „Der Besuch unserer Delegation in Taiwan unterstreicht das unerschütterliche Engagement Amerikas für die Unterstützung der lebendigen Demokratie in Taiwan“.

    Die chinesische Regierung hatte Ende Juli noch drastisch vor dem Besuch gewarnt: “Wer mit dem Feuer spielt, wird sich irgendwann verbrennen. Ich hoffe, dass die US-Seite das richtig versteht”, hatte Chinas Staatschef Xi Jinping in einem Telefonat gegenüber US-Präsident Joe Biden erklärt. China sieht Taiwan als zu sich zugehörig an.

    Die VR China sehe damit einen Besuch von Pelosi als bewusstes Eindringen in das eigene Hoheitsgebiet – auch, da Festland-China gleichzeitig nicht besucht werde. Die beiden Vertreter der mächtigsten imperialistischen Staaten der Welt hatten über zwei Stunden miteinander telefoniert.

    Dennoch war die US-Regierung offenbar zu einer Eskalation bereit. Dem entsprechend hat die Volksrepublik China nun auf den Besuch der dritthöchsten ranghohen Politikerin mit verschiedenen Maßnahmen reagiert.

    Militärmanöver simuliert See- und Luftblockade sowie Umzingelung der Insel

    So begann das chinesische Militär als Reaktion auf den Besuch ein umfangreiches Militärmanöver: Auf dem ersten Höhepunkt der Übung am vergangenen Donnerstag hat Chinas Luftwaffe nach Angaben des östlichen Kommandos der Volksbefreiungsarmee mehr als 100 Einsätze mit Kampfjets, Bombern, Frühwarn- und Tankflugzeugen sowie anderen Militärmaschinen geflogen.

    Zudem wurden elf ballistische Raketen vom Festland aus gestartet. Eine davon flog nach Presseberichten nahe der Hauptstadt Taipeh und damit erstmals direkt über Taiwan hinweg. Immer wieder soll es zu „Katz-und-Maus“-Spielen zwischen Militärschiffen Festlandchinas und Taiwans gekommen sein. Als Reaktion habe Taiwans Militär Flugzeuge geschickt, über Funk gewarnt und Raketenabwehrsysteme mobilisiert, um die chinesischen Militärmaschinen zu verfolgen.

    Die Übungen der See- und Luftblockade vom Donnerstag haben sich am Samstag dann laut taiwanesischem Militär in die Richtung entwickelt, dass ein Angriff auf die Insel „simuliert“ werde. So hätten sich dutzende chinesische Militärflugzeuge und Kriegsschiffe an sechs Positionen rund um die Insel positioniert. Zudem gab es erstmals seit den 1950er Jahren einen Überflug über die Inselgruppe Quemoy.

    Militärübung am Montag fortgesetzt

    Planmäßig sollte die Übung nur bis zum Sonntag dauern, wurde jedoch auch am Montag fortgesetzt. Dabei wurde laut chinesischen Angaben die U-Boot-Verteidigung geübt. Dies ist baut von chinesischer Seite erneut Druck auf, da die unangekündigte Verlängerung Assoziationen mit der russischen Invasion in der Ukraine weckt. Auch dort war eine Invasion aus einer verlängerten Militärübung heraus gestartet worden.

    Einige Kommentatoren in der chinesischen Staatspresse erklärten, dass die Militärmanöver nun regelmäßig stattfinden könnten und dies eine “neue Normalität” werden könnte. Erst Ende Juli hatte es ein Militärmanöver gegeben.

    Auf taiwanisches Militärmanöver folgt chinesisches

    Zudem traf China mehrere wirtschaftliche Vergeltungsmaßnahmen. So setzte das Land den Dialog mit den USA im Klimaschutz aus. Kooperationen wie im Kampf gegen Verbrechen, Drogen und zur Rückführung illegal eingereister Menschen wurden zudem ganz gestrichen. Zusätzlich verhängte Peking nicht näher beschriebene Sanktionen gegen Pelosi und ihre direkten Familienmitglieder.

    Welche Rolle spielt Taiwan?

    Doch warum wird so erbittert um Taiwan gekämpft?

    Im Jahr 1949 siegte in Festlandchina die demokratische Revolution unter der Führung der Kommunistischen Partei. Damals flohen die ehemaligen faschistischen Machthaber rund um die Koumintang und Chiang Kau-Shek sowie Überbleibsel der chinesischen Bourgeoisie und Großgrundbesitzer auf die Insel Taiwan. Dort setzten sie mit einem Ausnahmezustand eine Militärdiktatur ein und gründeten die „Republik China“.

    Bereits kurz darauf kamen die USA der “Koumintang” zur Hilfe und erklärten, diese gegen Festlandchina verteidigen zu wollen. Seit diesem Zeitpunkt findet eine systematische Aufrüstung und ökonomische Durchdringung Taiwans durch die USA statt. Gleichzeitig aber ist der Inselverbund sprachlich und kulturell eng mit Festlandchina verbunden.

    Trotz einiger diplomatischer Zugeständnisse in den 1970er Jahren behielt die US-Armee ihre starke militärische Präsenz auf der strategisch wichtigen Inselgruppe bis heute bei.

    Unter der US-Präsidentschaft von Barack Obama hatte eine grundlegende außenpolitische Neuorientierung der USA stattgefunden. So hatte dieser das „pazifische Jahrhundert“ ausgerufen. Seitdem konzentrieren sich alle Präsidenten auf den offensiven Kampf gegen den aufsteigenden Rivalen China.

    Taiwan wird von mehreren Geostrategen als “Schlüsselstaat” im Kampf um die Welthegemonie eingeschätzt – ebenso wie die Ukraine um die bereits ein erbitterter Kampf tobt. Zuletzt hatte US-Präsident Biden deshalb erklärt, die USA würden für die Kontrolle von Taiwan sogar in den Krieg ziehen, China hat das selbe erklärt. Eine diplomatische Lösung ist schwer ersichtlich. Die dann direkte militärische Konfrontation zwischen China und den USA hätte das Potenzial, einen dritten Weltkrieg herauf zu beschwören.

    US-Präsident Biden: USA würden für Taiwan in den Krieg ziehen

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