Die Bundesregierung will die “Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik” neu gestalten. In den vergangene Tagen fanden dazu gleich auf zwei Ebenen Treffen statt: Erstmals traf sich der Koordinierungsstab “Für den Schutz kritischer Infrastrukturen” des BMI, zum dritten Mal tagte die Bundesakademie zur Sicherheitspolitik.
In den vergangenen Tagen kamen Vertreter:innen von Bundesinnen- und Verteidigungsministerien, Bundeswehr und Polizei gleich in zwei Kontexten zusammen, um sich der Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik zu widmen. Die Bundesakademie für Sicherheitspolitik richtete einen „Workshop zur Nationalen Sicherheitsstrategie Bundeswehr und Gesellschaft im Lichte der Zeitenwende“ aus. Teilnehmer:innen kamen aus dem Verteidigungsministerium, der Bundeswehr, dem Auswärtigen Amt und dem Innen- sowie Heimatministerium. Außerdem begleiteten private Akteure und Think Tanks die Veranstaltung, bei der die Teilnehmer:innen über “gesellschaftliche Resilienz” diskutierten. Anders formuliert: Wie belastbar ist die Gesellschaft unter den aktuellen Krisen – Klima, Krieg und Wirtschaft – und wie agieren Polizei und Militär im Fall einer “gesellschaftlichen Überlastung”?
Europa als Schauplatz multipler Krisen
Unter der “Zeitenwende” verstanden die Anwesenden, dass die sicherheitsstaatlichen Akteur:innen sich nun nicht mehr auf internationale Krisen und Konflikte konzentrieren können. Konfliktherde innerhalb Europas und eine Bedrohung innerhalb Europas erforderten ein Umdenken, so Generalleutnant Carsten Breuer, Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr.
Diskussionspunkte waren unter anderem die “zivil-militärische Zusammenarbeit” im Krisenfall und „Anforderungen der Bundeswehr in multiplen Krisenzeiten“. Das BMVG fasst die Ergebnisse zusammen: “Ohne Unterstützung der Bundeswehr wären Krisenlagen in Deutschland, so die Pandemie oder die Flutkatastrophe im Ahrtal, nicht zu bewältigen gewesen. […] Weiter wurde festgestellt: Deutschland muss interoperable, leistungsfähige sowie schnell verlege- und reaktionsfähige „High-End“-Streitkräfte bereitstellen. Deutschland steht in der Verantwortung als größter logistischer Stützpunkt und als zentrale Drehscheibe für alliierte Kräfte in Europa zu fungieren. Damit ist Deutschlands Relevanz in NATO und EU-Verteidigung deutlich gestiegen. Daher gilt es, den Anspruch des Artikels 87a Grundgesetz „Streitkräfte zur Verteidigung“, mit mehr Leben zu füllen.
Mehr Kapazitäten für strategische Kommunikation
Auch die Kommunikation mit den Bürger:innen der Bundesrepublik stellte einen Diskussionsblock dar. So sollen mehr Kapazitäten bereit gestellt werden, um seitens der Ministerien in Kommunikation mit der Öffentlichkeit zu treten. Die Zeitenwende erfordere, Kommunikation als “sicherheitspolitisches Instrument” zu begreifen. “Im Krieg der Narrative ist sicherheitspolitische Kommunikation auch ein Mittel der Gegenwehr. Es geht um abgestimmte Außenkommunikation, auch unter Partnern und Verbündeten. Deutschlands Führungsrolle in Europa muss noch stärker als bisher kommuniziert werden”, erklärt das BMVG selbst.
Neuer Koordinierungsstab nimmt die Arbeit auf
Ähnlichen Fragen widmete sich der Koordinierungsstab “Für den Schutz der kritischen Infrastruktur” im kleineren Rahmen. Dort kommen Staatssekretäre der zuständigen Ministerien und das Kanzleramt zusammen.
Auch dort waren die multiplen Krisen und die Frage, wie insbesondere die Polizei sich dem gegenüber verhalte, Diskussionsgegenstand. Der Chef der Spezialkräfte der Bundespolizei, Olaf Lindner, gibt die Richtung für mögliche Polizeieinsätze vor: „Fachleute fordern schon lange, dass es ein zentrales Element für Krisenmanagement auf Bundesebene gibt, nicht nur für die Bewältigung von Auslandslagen.“
Die aktuelle Energiekrise und der Krieg machten es erforderlich, dass “der Schutz kritischer Infrastrukturen” für die Bundesregierung “höchste Priorität” habe, so Bundesinnenministerin Nancy Faeser.