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Donnerstag, April 25, 2024
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    Zum Jahrestag der November-Revolution: Klassenkampf statt Unterhaken!

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    Heute jährt sich die doppelte Ausrufung der Republik in Deutschland, einer der wichtigsten Momente der November-Revolution. Was wir aus den Kämpfen lernen können, die 1918 begannen. – Ein Kommentar von Julius Strupp

    „Parteigenossen, ich proklamiere die freie sozialistische Republik Deutschland, die alle Stämme umfassen soll, in der es keine Knechte mehr geben wird, in der jeder ehrliche Arbeiter den ehrlichen Lohn seiner Arbeit finden wird. Die Herrschaft des Kapitalismus, der Europa in ein Leichenfeld verwandelt hat, ist gebrochen.“

    Es ist der 9. November 1918, als der Kommunist Karl Liebknecht diese Worte in Berlin spricht. Jahrzehnte hatten er und seine Genoss:innen unermüdlich gegen Aufrüstung und Krieg gekämpft.

    Insbesondere in den Jahren vor dem Krieg hatten die damals noch in der SPD organisierten Kriegsgegner:innen um Liebknecht, Rosa Luxemburg, Clara Zetkin, Wilhelm Pieck, Leo Jogiches und Franz Mehring versucht, die Arbeiter:innen im Sinne des Sozialismus, des Friedens und der Freundschaft zwischen den Völkern zu überzeugen.

    Kampf gegen den ersten Weltkrieg

    Auch wenn sie Zehntausende mobilisieren konnten, vermochten sie es nicht, den Ausbruch des ersten Weltkriegs zu verhindern – auch, weil die alten Arbeiter:innen-Parteien auf der Welt, insbesondere die SPD, sich eifrig an der Kriegshetze beteiligten und den Militarismus unterstützten. Als einziger Abgeordneter der deutschen Sozialdemokratie stimmte Karl Liebknecht im Sommer 1914 gegen die Kriegskredite.

    Während des ersten Weltkriegs bauten die Kriegsgegner:innen dann mit dem Spartakusbund eine Organisation auf, in der sich der linke Flügel der SPD sammelte und fortan unabhängig agierte. Die im Spartakusbund organisierten Arbeiter:innen hatten die vorher unter Sozialist:innen unumstrittenen Prinzipien wie die Ablehnung des Völkermords nicht vergessen.

    Unter Parolen wie „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“ organisierten sie den Kampf gegen den Weltkrieg und sollten später die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) gründen.

    100 Jahre Kommunistische Partei Deutschlands – eine Chronik

    Als sich im Herbst 1918 deutsche Matrosen weigerten, trotz des ohnehin verlorenen Kriegs in den Kampf zu ziehen, begann die November-Revolution. Innerhalb dieser war die Führung zwischen der SPD – die am selben Tag wie Liebknecht eine bürgerliche Republik ausrief – und dem Spartakusbund, beziehungsweise der späteren KPD umstritten.

    Zum Jahreswechsel gründeten die Kommunist:innen ihre eigene Kampforganisation, die KPD. Noch bis 1923 kämpften sie mit allen Mitteln für eine sozialistische Revolution, konnten jedoch aufgrund eigener Fehler und Schwankungen nicht siegen.

    Vor allem die SPD bekämpfte dabei die KPD und die ihr anhängenden Arbeiter:innen und erstickte so den ersten Anlauf der Arbeiter:innen in Deutschland zum Sozialismus in Blut. Die Sozialdemokratie sorgte dafür, dass trotz des Sturzes der Monarchie die deutschen Großindustriellen an der Macht blieben, die sie schon in den Jahren zuvor gestützt hatte.

    Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg wurden im Januar 1919 ermordet. In den folgenden Jahren zogen jedes Jahr erneut tausende Menschen zu ihren Gräbern in Berlin-Friedrichsfelde, um sie zu ehren.

    Und heute?

    „Der 24. Februar 2022 markiert eine Zeitenwende markiert eine Zeitendwende in der Geschichte unseres Kontinents. […] Wir erleben eine Zeitenwende und das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr die selbe wie die Welt davor.“

    Es ist der 27. Februar dieses Jahres, als der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) diese Worte vor dem Bundestag ausspricht. Seine Rede nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine markiert einen Wendepunkt in der deutschen Innen- und Außenpolitik zu einer noch größeren Aggressivität.

    Kein Karl Liebknecht im deutschen Bundestag

    Diese Zeitenwende bestimmt seither das gesamte politische Geschehen: 100 Milliarden wurden für die Modernisierung der Armee locker gemacht. Sämtliche militärischen Projekte müssen nun schneller durchgezogen werden. Die Ukraine wird bis an die Zähne bewaffnet und die Spannungen zwischen den Großmächten wachsen.

    Gleichzeitig spannt sich auch die wirtschaftliche Lage in Deutschland an. Die offizielle Inflation hat die Zehn-Prozent-Marke geknackt. In den Medien und der Politik wird ein „Unterhaken“ von Arbeiter:innen und Unternehmen beschworen.

    Insbesondere Scholz mahnt zum „Zusammenhalt“. Die Bevölkerung wird in zahlreichen Reden zur Stärkung der deutschen „Widerstandskraft“ motiviert. Währenddessen stecken sich große deutsche Unternehmen Rekordgewinne ein und verdienen an der Aufrüstung und unserer Verarmung durch die astronomischen Preissteigerungen.

    So wie die späteren Kämpfer:innen der November-Revolution vor dem ersten Weltkrieg stehen auch wir heute vor den nächsten großen Kriegen zwischen den Völkern, die nicht zuletzt von den Herrschenden in Deutschland vom Zaun gebrochen werden.

    Wir müssen den Weg der November-Revolution zu Ende gehen!

    Die November-Revolution ist vor 104 Jahren auf halbem Weg stehen geblieben und hat die grundlegenden Verhältnisse in unserem Land nicht ändern können. Dennoch müssen wir an ihr anknüpfen.

    Die Probleme, vor denen wir heute stehen, sind die gleichen, vor denen unsere Klassengeschwister schon damals standen: Die großen, imperialistischen Mächte bereiten ihre direkte Konfrontation im Krieg vor, die Arbeiter:innen verarmen und werden zum „Zusammenhalt“ aufgefordert.

    150 Jahre Karl Liebknecht: Kämpfen wir weiter gegen Krieg und für den Sozialismus!

    Doch die, die zum „Unterhaken“ aufrufen, sind die gleichen, die an unserer Verarmung verdienen und uns später erklären werden, warum wir gegen andere Völker Krieg führen müssten. Die November-Revolution zeigt uns die Verlogenheit dieser Erklärungen klar und deutlich auf. Hätten sich die Kieler Matrosen damals untergehakt, hätte das ihren sicheren Tod im Weltkrieg bedeutet.

    Wenn wir nicht wollen, dass der Kapitalismus die Welt erneut „in ein Leichenfeld“ verwandelt, müssen wir den Weg der November-Revolution zu Ende gehen und für die Entmachtung der Kriegstreiber in einer sozialistischen Gesellschaft kämpfen.

    • Autor bei Perspektive seit 2019, Redakteur seit 2022. Studiert in Berlin und schreibt gegen den deutschen Militarismus. Eishockey-Fan und Hundeliebhaber. Motto: "Für alles Reaktionäre gilt, dass es nicht fällt, wenn man es nicht niederschlägt."

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