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Freitag, April 19, 2024
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    Engpässe bei Kindermedikamenten: Pharmakonzerne sollen finanzielle Anreize bekommen

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    Seit einigen Tagen häufen sich die Meldungen über fehlende Arzneimittel für Kinder. Bundesgesundheitsminister Lauterbach will nun die Ausgaben der Krankenkassen erhöhen, um Pharmakonzerne zu subventionieren. Die Bundesärztekammer schlägt „Medikamenten-Flohmärkte“ vor.

    Bundesweit kommt es zurzeit zu Engpässen von wichtigen Medikamenten. Rund 330 Meldungen zu fehlenden Arzneimitteln liegen vor. In Baden-Württemberg fehlen beispielsweise Paracetamol- und Ibuprofen-haltige Fiebersäfte für Kinder. Aber auch die Nachfrage nach Medikamenten zur Krebs- und Diabetesbehandlung kann schon seit dem Sommer kaum gedeckt werden.

    Kostenexplosion und Engpässe auch bei Medikamenten

    Beigetragen zu den Lieferengpässen hat unter anderem, dass ein großer Teil der Produktion in Länder wie China oder Indien ausgelagert wurde. Dort werden hauptsächlich günstige Generika, also patentfreie Medikamente hergestellt, die die gleiche Wirkung wie ihre patentierten „Originale“ haben. Für die Pharmakonzerne ist es – trotz langer Transportwege – immer noch deutlich günstiger, in diesen Ländern zu produzieren.

    Das hat bereits während der Corona-Pandemie und der zusammengebrochenen Transportwege zu großen Problemen geführt. So fehlen heute an allen Stellen Rohstoffe für die Herstellung verschiedenster Produkte. Auch Pharmakonzerne sind auf die Zulieferung von verschiedenen Wirkstoffen angewiesen.

    Aktuell ist ein weiterer Grund, dass die Krankenkassen in Deutschland einen vor Jahren ausgehandelten Festpreis für bestimmte Medikamente zahlen. Da die Kosten für Wirkstoffe wie Paracetamol aber allein im letzten Jahr um 70% gestiegen sind, ist es für Pharmakonzerne nicht mehr profitabel genug diese zu produzieren. In europäischen Nachbarstaaten gibt es diese Regelungen nicht. Daher werden die Medikamente von den Pharmakonzernen dort zu deutlich höheren Preisen verkauft, sodass diese Länder zwar bisher von gefährlichen Engpässen verschont bleiben, diese jedoch weniger erschwinglich sind.

    Lauterbach weist Krankenkassen an, 50 Prozent mehr zu zahlen

    Nachdem verschiedene Landespolitiker:innen den Bund zum Handeln aufgerufen hatten, hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach nun erste Maßnahmen angekündigt. Als erstes sollen Krankenkassen ab sofort 50% mehr für Generika zahlen. Die Profite der Pharmakonzerne sollen damit erhöht werden und diese im Gegenzug  dazu bewegt, werden ihre Generika in Deutschland statt im europäischen Ausland zu verkaufen.

    Trotz steigender Aktienkurse und der Ausschüttung von Dividenden in Milliardenhöhe sollen die Konzerne nun also mit Geldern der Arbeiter:innenklasse subventioniert werden. Ob dies langfristig Entlastungen bringen wird, ist hingegen fraglich. Denn in den letzten zwölf Jahren haben immer mehr Medikamentenhersteller ihre Produktion eingestellt – nur noch einer von elf Konzernen produziert heute noch Paracetamol-haltige Generika.

    Bei der Beschaffung von Krebsmedikamenten sollen die Krankenkassen nun dazu gezwungen werden, einen größeren Teil aus Europa einzukaufen, um die europäische Produktion anzukurbeln und weniger abhängig von China und anderen Staaten zu sein.

    Die Entflechtung der Wirtschaft als Weltkriegsvorbereitung

    Vorschlag der Bundesärztekammer: Abgelaufene Arzneimittel an Nachbar:innen geben

    Der Chef der Bundesärztekammer machte vor wenigen Tagen im Tagesspiegel den Vorschlag, dass in Nachbarschaften Medikamenten-Flohmärkte aufgebaut werden sollten, um sich gegenseitig zu versorgen. Dabei könnten auch bereits abgelaufene Medikamente noch sorglos eingenommen werden.

    Ärzt:innen und Apotheker:innen reagierten auf diesen Vorschlag mit Warnungen. Sie raten davon ab, da es zu gefährlichen Einnahmen von Medikamenten kommen könnte und außerdem die Ursache der Lieferengpässe so nicht gelöst werden werde.

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