In Peru geht die politische Krise nach der Absetzung von Präsident Castillo weiter. Gegen Massenproteste geht die neue Regierung mit harter Repression vor. Dabei sollen mindestens 17 Demonstrant:innen getötet worden sein. Jetzt sind zwei Regierungsmitglieder zurückgetreten.
In Peru hat die Absetzung von Präsident Castillo durch das Parlament zu einer schweren politischen Krise geführt. In mehreren Regionen des Landes und in der Hauptstadt Lima kommt es seit eineinhalb Wochen zu Protesten und schweren Zusammenstößen zwischen Demonstrant:innen und Polizei.
Die Demonstrant:innen fordern unter anderem den Rücktritt der neu eingesetzten Präsidentin Dina Boluarte und vorgezogene Neuwahlen. Die Regierung reagierte auf die Proteste mit der Verhängung eines 30-tägigen Notstands. Dieser erlaubt den Einsatz des Militärs zur Unterstützung der Polizei. Mindestens 17 Demonstrant:innen wurden inzwischen durch das harte repressive Vorgehen der staatlichen Organe getötet und zahlreiche Jugendliche festgenommen. In Teilen des Landes ist der Zug- und Flugverkehr eingestellt.
Als Reaktion auf die staatlichen Tötungen sind jetzt zwei Mitglieder der peruanischen Regierung zurückgetreten. Bildungsministerin Patricia Correa und Kulturminister Jair Pérez verkündeten auf Twitter, dass der Tod von Landsleuten „mit nichts zu rechtfertigen sei“. Staatliche Gewalt dürfe „nicht unverhältnismäßig sein und zum Tod führen“. Die Vereinten Nationen äußerten sich inzwischen besorgt über die Lage in dem Andenland und wollen Vertreter:innen zu einem Gespräch mit der peruanischen Außenministerin entsenden.
Der frühere Präsident Pedro Castillo war 2021 überraschend in das Amt gewählt worden. Der ehemalige Führer einer Lehrergewerkschaft kandidierte für die als „linkskonservativ“ bezeichnete Partei “Peru Libre”. Er trat einerseits für soziale Reformen ein, gab sich aber zugleich als Verteidiger der traditionellen Familie und vertrat entschieden queer-feindliche Positionen. Seine Basis hatte er vor allem bei Gewerkschaften und Bäuer:innen im Süden und Südosten des Landes. Hier ist auch die Hochburg der aktuellen Proteste.
Castillos Amtsenthebung durch den Kongress war ein mehr als einjähriges politisches Chaos mit schweren Auseinandersetzungen in der Regierungsfraktion, unzähligen Ministerwechseln und Straßenprotesten vorausgegangen. Am Ende versuchte der weitgehend isolierte Präsident, das Parlament aufzulösen und den Notstand sowie eine Ausgangssperre zu verhängen. Weite Teile des Staatsapparats versagten ihm jedoch die Gefolgschaft. Nach seiner Absetzung wurde er verhaftet.
Seine Nachfolgerin, die vormalige Vizepräsidentin Dina Boluarte, wird von Kapitalverbänden, der katholischen Kirche und der US-Regierung unterstützt. Sie steht durch die Massenproteste jetzt jedoch selbst unter Druck. Als Reaktion auf den Tod von zwei Teenagern verkündete Boluarte am Montag, die eigentlich für 2026 vorgesehenen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen auf April 2024 vorzuziehen. Zwischenzeitlich deutete sie sogar den Dezember 2023 als neuen Termin an. Der Kongress hat die entsprechende Gesetzesvorlage am Freitag jedoch abgelehnt.