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Donnerstag, April 25, 2024
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    Frankreich: Die Proteste von Millionen gegen Macrons Renten-Angriff halten an

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    Millionen von Menschen gehen noch immer gegen Macrons Erhöhung des Rentenalters, die er gegen den Willen des Parlaments durchsetzen möchte, auf die Straße. Große Teile des Landes sind durch massive Streiks lahmgelegt. Doch trotz des Widerstands und der Tatsache, dass gut 70 Prozent der Bevölkerung die Rentenreform ablehnen, hält der französische Staatspräsident weiter an ihr fest.

    Seit Beginn der Ankündigung, das Rentenalter zu erhöhen, demonstrieren in ganz Frankreich Millionen Menschen gegen die Rentenreform, und die Gewerkschaften riefen zu mehreren Streiks auf. Weil die Zustimmung zur Reform im Parlament unsicher war, umging Präsident Macron es einfach unter Berufung auf Artikel 49.3 der französischen Verfassung. Dieser erlaubt es dem Präsidenten, einmal im Jahr ein Gesetz ohne Zustimmung der Nationalversammlung zu verabschieden. Der Präsident drückte das neue Gesetz also von oben durch, obwohl laut Umfragen rund 70% der französischen Bevölkerung die Anhebung des Rentenalters ablehnen.

    Bis zum letzten Atemzug: Arbeiter:innen in Frankreich wehren sich gegen die Ausbeutung im Alter

    Widerstand verstärkt

    Seitdem ist der Widerstand in der Bevölkerung noch größer geworden. Dass der Präsident sich bei der Rentenreform so drastisch über den Willen der Bevölkerung und des Parlaments hinwegsetzt, hat für große Wut gesorgt. Ein daraufhin anberaumtes Misstrauensvotum gegen ihn scheiterte an nur neun fehlenden Stimmen. Bereits 2022 wurde ihm vorgeworfen, sich mit dem von ihm gegründeten “Nationalen Rat zur Neubegründung” (CNR) ein Instrument geschaffen zu haben, das Parlament dauerhaft auszuschalten.

    Letzten Donnerstag waren laut Angaben der Gewerkschaften dann rund 3,5 Millionen Menschen auf der Straße. Bahnhöfe, Flughäfen und Raffinieren wurden blockiert, an vielen Orten fiel die Schule aus, weil die Lehrer:innen streikten. Auch die Müllabfuhr und die Arbeiter:innen in der Ölindustrie legten die Arbeit nieder. Von insgesamt vier Total-Raffinerien ist nur noch eine im Einsatz. Als Gegenmaßnahme wurden in Paris deswegen schon Müllmänner und -frauen zur Arbeit zwangsverpflichtet. Sechs von zehn Französ:innen sind dennoch weiterhin für die Fortsetzung der Streiks.

    Bei den beinahe täglich stattfindenden Großdemonstrationen kommt es häufig zu Aufständen und Ausschreitungen. Kapitalistische Medien sprechen in diesem Zusammenhang immer wieder von “Randalierern” unter den Demonstrant:innen. Eine Berichterstattung über Angriffe der französischen Sicherheitskräfte auf die Demonstrationen, wie der Fall einer Mutter in Rouen, die durch eine Granate der Polizei einen Finger verlor, findet jedoch selten statt.

    “Wenn du eine Frau in Frankreich bist, solltest du auf der Straße sein”

    Besonders betroffen von der Reform sind die Arbeiterinnen. Pierrette Gobinot, eine 49-jährige Pflegerin, die an den Protesten teilnimmt, sagte gegenüber dem britischen Guardian: “Die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 64 Jahre ist für uns doppelt nachteilig. Schon heute unterbrechen viele Frauen ihre Erwerbstätigkeit, um sich um ihre Kinder zu kümmern. Das bedeutet, dass wir unsere berufliche Laufbahn unterbrochen haben und uns oft fünf oder sechs Beitragsjahre fehlen. Wir müssen noch länger arbeiten, um das nachzuholen, um eine volle Rente zu bekommen, und weil unsere Gehälter niedriger sind, sind auch unsere Renten niedriger.”

    Fabienne Oudart, eine weitere Demonstrantin, stimmt ihr zu: “Wenn du eine Frau in Frankreich bist, solltest du auf der Straße sein. Diese Reform nimmt keine Rücksicht auf die Frauen, die in schlecht bezahlten und oft Teilzeit-Jobs arbeiten.”

    “Präsident der Reichen”

    Die Rentenreform ist nicht der erste Anlassl, dass Macron auf großen Widerstand in der Bevölkerung stößt. Von der linken Opposition wird Macron schon lange als “Präsident der Reichen” bezeichnet. Als er 2017 Präsident wurde, war eine seiner ersten Amtshandlungen die Aufhebung der Vermögenssteuer sowie die Kürzung von Sozialleistungen.

    Im gleichen Jahr lockerte er mit seiner Arbeitsmarktreform den Kündigungsschutz und begrenzte die Höhe von Abfindungen. Auch ist es nun möglich, dass Betriebe Branchenvereinbarungen über Gehälter und Arbeitszeiten führen können, ohne Gewerkschaften mit einbeziehen zu müssen.

    Die faschistische Partei “Rassemblement National” unter Führung von Marine Le Pen versucht derweil, die Wut auf die Macron-Regierung für sich zu nutzen. Zwar konnte sie in den Umfragen um insgesamt 3 Prozentpunkte zulegen, ihre Partei bleibt jedoch immer noch weit davon entfernt, zu einem dominierenden Faktor in der Protestbewegung zu werden.

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