Am Mittwoch haben Vertreter:innen der Bundesanwaltschaft ihre Forderungen verlesen. Das Ergebnis ist von extremer Härte gegen Lina E. und auch die drei Mitangeklagten: sie sollen zwischen zweidreiviertel und dreidreiviertel Jahre ins Gefängnis.
In dem seit September 2021 andauernden Dresdner Prozess vor dem Oberlandesgericht wird ihnen die Bildung einer „kriminellen Vereinigung“ (Paragraph 129 StGB) vorgeworfen. Diese solle zwischen August 2018 und Sommer 2020 diverse Überfälle auf Rechtsextreme in Leipzig, Eisenach und Wurzen verübt haben. Lina E. befindet sich seitdem bereits zwei Jahre und fünf Monate in U-Haft.
Die Anklage sprach von einem gut organisierten Zusammenschluss, der durch eine „von allen geteilte militante antifaschistische Ideologie getragen“ worden sei. Das rechtfertige die Verurteilung als kriminelle Vereinigung. Lina E. soll dabei die „treibende und steuernde Kraft der Gruppe“ gewesen sein. Gemeinsam mit ihrem Verlobten Johann G. habe E. die Geschädigten ausgewählt, Mittäter:innen rekrutiert und als „Überblicksperson“ agiert.
Klare Beweise fehlen
Die Bundesanwaltschaft schilderte auch noch einmal die sechs Überfälle, an denen laut Bundesanwaltschaft Lina E. beteiligt gewesen sei. Mit Ausnahme des Angriffs in Eisenach, bei dem E. und Lennart A. in einem Fluchtauto festgenommen wurden, fehlen für die Beteiligungen an den Taten aber bis heute eindeutige Beweise. Über Monate hinweg war im Prozess vergeblich um genau solche Indizien gerungen worden.
Dennoch hatte die Bundesanwaltschaft keine Zweifel und hielt an ihrem Urteil fest. Sie berief sich dabei auf die Gesamtschau aller Indizien, welche beweisen würden, dass die richtigen Personen auf der Anklagebank säßen. Zudem verwiesen sie auf die Aussagen des früheren Weggefährten Johannes D., der im Prozess als Kronzeuge ausgesagt hatte und Lina E. und ihren Partner ebenfalls als treibende Kräfte beschuldigt hatte.
Scharfe Kritik an den Strafforderungen und des Prozesses
Die Verteidigung kritisierte die Bundesanwaltschaft indes scharf und bezeichnete die Strafforderungen als „völlig maßlos“. Trotz vieler Zweifel sei an der Anklage mit aller Unbeirrtheit festgehalten worden und man wolle eine Verurteilung um jeden Preis. Der Prozess habe von Anfang an einen eher politischen Charakter aufgewiesen, indem z.B. „eine Beweislastumkehr stattgefunden hat“. Dabei gehe es nicht mehr darum, „ob die Schuld einer Angeklagten zu beweisen ist, sondern die Verteidigung sieht sich in einer Beweissituation, in der sie gezwungen ist, die Unschuld der Mandantin zu beweisen.“
Außerdem kritisierte Lina E.s Anwalt Ulrich von Klinggräff das Gewicht, das den Aussagen des Kronzeugen Johannes D. beigemessen wurde. Dieser wurde zuvor – nach schweren Anschuldigungen von psychischer und sexueller Gewalt – in der linken Szene geächtet. Er sei kein neutraler Zeuge und könne Rachemotive haben. Bei der Befragung des Zeugen sei außerdem erkennbar geworden, „dass dieser unter einem erheblichen Druck der Ermittlungsbehörden stand, tatsächliche belastende Angaben machen zu müssen“.
Nach einer Osterpause wird in dem Prozess die Verteidigung plädieren. Ein Urteil wird Mitte Mai erwartet.