Die Eisenbahngewerkschaft EVG hat angekündigt, zwischen Sonntag, 24:00 Uhr, und Dienstag, 22:00 Uhr, den Zugverkehr in Deutschland mit einem bundesweiten Streik weitestgehend lahmzulegen. Fraglich bleibt nur, ob der angekündigte Streik auch wirklich durchgezogen wird und vor allem, was dabei herauskommt. – Ein Kommentar von Paul Gerber
In den laufenden Tarifverhandlungen wäre es nicht das erste Mal, dass die Gewerkschaft über die mangelnde Kompromissbereitschaft der Unternehmerseite klagt, dann mit größeren Streiks droht, um schließlich aber doch noch einen Abschluss mit großen Nachteilen für die Arbeiter:innen zu erzielen.
So hatte die ver.di im Februar und März ihre Mitglieder bei der Deutschen Post zur Streikbereitschaft befragt und eine sehr hohe Zustimmung für einen Streik beziehungsweise eine große Ablehnung für das Angebot der Gegenseite ermittelt. Kurz darauf einigte sich die Gewerkschaft trotzalledem auf einen nur unwesentlich gegenüber dem abgelehnten Angebot veränderten Abschluss.
Auch vor dem Tarifabschluss im öffentlichen Dienst, der oftmals als richtungsweisend für andere folgende Tarifverhandlungen behandelt wird, war schon die Rede von einem „Erzwingungsstreik“, bevor dann doch – ohne weitere Streiks – ein „Kompromiss“ angenommen wurde, den die Schlichtungskommission ausgehandelt hatte. Dieser beschert den Arbeiter:innen im öffentlichen Dienst unter dem Strich hohe Reallohnverluste.
TVÖD-Streiks: In der dritten Verhandlungsrunde keinen faulen Kompromiss!
Bisher zumindest besteht die EVG noch öffentlich auf 12% mehr Lohn und mindestens 650 Euro mehr im Monat. Die Deutsche Bahn kontert jedoch und verweist auf den gerade erwähnten enttäuschenden Abschluss im öffentlichen Dienst.
Gerade bei Streiks im Zugverkehr werden immer wieder Stimmen von Unternehmensverbänden und Politiker:innen laut, dass das Streikrecht in Deutschland weiter beschnitten werden müsse, die Auswirkung auf das Wirtschaftsleben sei zu verheerend.
Die taktische Überlegung ist offensichtlich: nämlich genau an einem Punkt, der vielen Menschen gewisse und ärgerliche Einschränkungen in ihrem Alltag beschert, anzusetzen, um letztlich das Streikrecht grundsätzlich anzugreifen und auszuhöhlen.
An diesem Punkt geben sich Gewerkschaften und Unternehmen sozusagen die Hand: Beide haben kein wirkliches Interesse an großen Arbeitskämpfen und würden am liebsten im Hinterzimmer aushandeln, um wie viel Prozent unterhalb der Inflation der Abschluss landet.
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