Schon seit Monaten belästigt und bedroht Hans-Gerd R., der Vater des Attentäters von Hanau, die Hinterbliebenen. Auch gegen die neuste Drohung unternehmen die Behörden wenig.
Vor drei Jahren ermordete der Faschist Tobias Rathjen in Hanau aus rassistischen Gründen Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov. Anschließend erschoss er seine Mutter.
Der Vater des Täters verbreitet seitdem und vor allem in den letzten Monaten Angst unter den Angehörigen. So stellt er sich trotz Auflagen mit seinem Schäferhund vor das Haus von Serpil Temiz Unvar, der Mutter von Ferhat Unvar. Außerdem taucht er vor dem Jugenzentrum „JUZ“ auf, wo Ferhat oft Zeit verbrachte.
Im März musste Hans-Gerd Rathjen für 70 Tage als Ersatzfreiheitsstrafe ins Gefängnis, da er die Geldstrafe, die er für sechs Verstöße gegen das Gewaltschutzgesetzes erhalten hatte, nicht bezahlt hatte.
In dem Brief, den Serpil Temiz Unvar nun außerdem erhalten hat, fordert er sie auf, das Land zu verlassen, „wenn (ihr) als Migrant das Land des Deutschen Volkes zuwider ist“. Denn „ihre Gruppierungen“ seien „eine große Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit und für das Deutsche Volk“.
Vater fordert Tatwaffe zurück
Dass der Vater die rassistischen und verschwörungsmystischen Vorstellungen seines Sohnes teilt und seine Tat leugnet, ist längst bekannt. In dem Brief fordert er, dass die „durch ihre Mithilfe ins Netz gestellten Verleumdungen, Verletzungen, Veröffentlichungen gegen Hans-Gerd R., gegen Familie R. und gegen die Bundesrepublik Deutschland“ zurückgezogen werden.
Seine Wohnadresse als Absender bezeichnete er auf dem Brief als „Gedenkstätte“. Die Webseite, auf der sein Sohn verschwörungsmystische Inhalte teilte, wolle er auch weiter betreiben. Außerdem sei sein Sohn unschuldig gewesen und in Wirklichkeit würde eine Geheimorganisation hinter dem Anschlag stecken. Auch die Tatwaffe, die Tobias Rathjen benutzte, fordert der Vater von der Polizei zurück.
Schon im September 2022 wurde er zu einer Geldstrafe verurteilt, da er Angehörige als „wilde Fremde“ rassistisch beleidigt hatte.
Keine Hilfe durch Polizei
Obwohl Rathjen weiterhin Angehörige bedroht – es laufen zurzeit 48 Verfahren gegen ihn – und beleidigt, waren die Konsequenzen für ihn bisher gering.
Grundschülern im Stadtteil Kesselstadt hatte er z.B. mit der Aussage gedroht, dass bald etwas „Großes“ passieren würde und sie aufpassen sollten. Selbst darauf wurde nur beschwichtigend reagiert.
Stattdessen erhielten Angehörige sog. „Gefährderansprachen“, also Verhaltensanweisungen von Seiten der Origkeit, nichts gegen den Vater zu unternehmen – geradezu so, als seien sie selbst die Täter. Kurzzeitig standen zwar Polizisten vor Unvars Haus, nachdem er dort mit seinem Schäferhund erschienen war, doch sie verließen den Platz schon bald wieder. Serpil Temiz Unvar, die seit 27 Jahren in Hanau-Kesselstadt wohnt, hofft inständig, dass er endlich wegziehen und sie alle in Ruhe lassen möge.