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Montag, April 29, 2024
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    Auto-Krisengipfel im Bundeskanzleramt

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    Die Autoindustrie zu Gast beim Bundeskanzler: Am Montag diskutierten Politiker:innen und Kapitalistenverbände in Berlin über die aktuelle Lage der deutschen Autoindustrie und darüber, wie die Bevölkerung zum Kauf deutscher statt chinesischer E-Autos gebracht werden kann.

    Am 27.11. trafen sich im Kanzleramt Spitzenpolitiker:innen mit führenden Vertreter:innen der Automobilbranche zum sogenannten Autogipfel. Die Stimmung in der Branche ist äußerst angespannt, und vor dem Hintergrund des 60 Milliarden-Lochs nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts drängte sich den Teilnehmer:innen der Industrie auch die Frage auf, ob die ihnen zugesagten Subventionen noch sicher sein werden.

    Diese Frage bemühte sich die Bundesregierung scheinbar schnell zu bejahen und zuzusichern, dass bisher versprochene Zusagen auch eingehalten werden würden. Wie genau das finanziert werden soll, ist unterdessen natürlich eine andere Frage. Hier werden in den letzten Tagen immer wieder Forderungen nach Sozialkürzungen laut.

    Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Warum die Umschichtung von Milliarden durch die Ampel-Regierung nicht bloß „verfassungswidrig” ist

    Die Bundesregierung will scheinbar an ihrem im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Ziel festhalten, dass bis 2030 15 Millionen reine E-Autos auf deutschen Straßen rollen sollen. Sowohl Vertreter:innen der Autoindustrie als auch von Umweltverbänden sind da bei den aktuellen Maßnahmen deutlich skeptischer.

    Ein Problem besteht darin, dass das Netz von E-Ladestationen für Autos noch nicht weit genug ausgebaut ist, um einen sicheren und bequemen Gebrauch des E-Autos in allen Regionen möglich zu machen. Vor allem aber ist sich die Autoindustrie selbst bewusst, dass ihre E-Autos nur sehr begrenzt konkurrenzfähig sind.

    Sowohl Modelle aus den USA als auch zum Beispiel aus China bringen mit dieser Technologie eine verhältnismäßig hohe Qualität auf die Straßen, während die deutschen Autohersteller – das Flaggschiff der hiesigen Industrie – hinterherhinken.

    Die Autoindustrie fordert dementsprechend höhere Subventionen, um im internationalen Konkurrenzkampf wenigstens auf dem deutschen Markt bestehen zu können. Der ADAC beispielsweise kritisierte, dass die deutsche Industrie lediglich drei Modelle anbiete, die für weniger als 30.000 Euro erhältlich sind – und selbst dieser Preis dürfte für sehr viele Autofahrer:innen utopisch hoch sein.

    In ein ähnliches Horn, um zusätzliche Käufe von Autos anzuregen, trötet der Expertenbeirat Klimaschutz in der Mobilität. Man könne auf sogenannte Bonus-Malus-Regelungen nicht verzichten, wenn man die Zahl der E-Autos im vorgesehenen Tempo hochfahren wolle. Konkret könnte das bedeuten, dass eine hohe Zusatzsteuer auf Benzin-Autos bezahlt werden muss, mit der E-Autos im Gegenzug subventioniert werden könnten.

    Die deutsche Automobilbranche ist offenbar insgesamt in einer angespannten Lage: Der Umstieg auf E-Autos ist beschlossene Sache, Entwicklungsabteilungen für Verbrenner-Motoren wurden dementsprechend dicht gemacht und teilweise tausende Beschäftigte entlassen. Zuletzt hatte VW angekündigt, bis 2026 10 Milliarden Euro einsparen zu wollen, um die eigene Profitrate (Umsatzrendite) von 3,4 auf 6,5% anzuheben.

    Grundsätzlich „leiden“ die Kapitalisten in diesem Bereich schon seit Jahren darunter, dass sie Überkapazitäten haben, also weniger produzieren als sie eigentlich könnten. Maschinen, die nicht unter Vollauslastung arbeiten, drücken aber natürlich unangenehm auf die Gewinnmarge. Die Ursachen dafür waren aber in den vergangenen Jahren durchaus unterschiedlich.

    In den Corona-Jahren entwickelte sich mehr und mehr eine Zulieferer-Krise, was heißt, das wichtige Vorprodukte wie Halbleiter Mangelware waren und deswegen tatsächlich weniger Autos als geplant produziert werden konnten. Im Ergebnis fiel der Auto-Absatz im Jahr 2022 weltweit auf deutlich unter 70 Millionen, der niedrigste Stand seit 2011. Die Autohersteller machten trotzdem gutes Geld, weil sie einfach die Preise für ihre Autos entsprechend anhoben.

    2023 hat sich dieser Trend teilweise verkehrt, ein zentrales Problem ist jetzt die Konkurrenz mit der chinesischen Industrie, die deutlich günstigere E-Auto-Modelle anbietet. Unternehmer aus der Autoindustrie gehen sogar davon aus, dass sich diese Konkurrenz 2024 und 2025 noch deutlich verschärfen wird.

    Die Vorschläge im Umfeld des Autogipfels laufen unterm Strich also alle darauf hinaus, dass entweder über direkte Steuersubventionen aus der Staatskasse oder, indem Autofahrer:innen hierzulande Zusatzabgaben auf die bisher immer noch günstigeren Benzin-Autos zahlen, die deutsche Autoindustrie in einen konkurrenzfähigen Zustand gehievt wird.

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